Gundolf Rüge, Dr. iur. Holger Fahl
Rz. 92
Die Zustandshaftung ist ausgeschlossen, wenn sich die Leitungsanlage zur Zeit der Schädigung in ordnungsgemäßem Zustand befand und unversehrt war (§ 2 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. HaftpflG – vgl. dazu Rdn 17 f. dieses Paragraphen).
Von der Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 HaftpflG sind ausgenommen: Anlagen, die lediglich der Übertragung von Zeichen oder Lauten dienen (§ 2 Abs. 2 HaftpflG).
Die Wirkungs- und Zustandshaftung sind ausgeschlossen,
▪ |
wenn der Schaden innerhalb eines Gebäudes entstanden und auf eine darin befindliche Anlage nach Absatz 1 zurückzuführen ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. HaftpflG), |
▪ |
wenn der Schaden innerhalb eines im Besitz des Inhabers der Anlage stehenden befriedeten Grundstücks entstanden ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. HaftpflG), |
▪ |
wenn ein Energieverbrauchsgerät oder eine sonstige Einrichtung zum Verbrauch oder zur Abnahme der in Absatz 1 bezeichneten Stoffe beschädigt oder durch eine solche Einrichtung ein Schaden verursacht worden ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 HaftpflG) oder |
▪ |
wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht worden ist, es sei denn, dass er auf das Herabfallen von Leitungsdrähten zurückzuführen ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 HaftpflG). |
1. Anlagen zur Übertragung von Zeichen oder Lauten
Rz. 93
Anlagen, die nur der Übertragung von Zeichen oder Lauten dienen (§ 2 Abs. 2 HaftpflG), sind alle Telegrafen- und Fernsprechanlagen, ferner Funk-, Fernseh- und Radioanlagen. Die in diesen Anlagen geleitete Energie ist ungefährlich, weil ihre Einwirkung regelmäßig keine Schäden zur Folge hat. Lediglich die zur Stromspeisung von Fernmeldeanlagen verwendeten elektrischen Anschlussleitungen fallen unter die Haftung nach § 2 Abs. 1 HaftpflG.
2. Häuslicher Bereich des Abnehmers
Rz. 94
§ 2 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. HaftpflG schließt den häuslichen Bereich des Abnehmers von der Haftung aus. Hiernach haftet der Anlageninhaber nicht für Schäden in einem Gebäude, wenn der Schaden auf eine in diesem Gebäude befindliche Anlage zurückzuführen ist. Beide Voraussetzungen müssen für den Ausschluss des Ersatzanspruchs erfüllt sein. Gebäude ist grundsätzlich jedes feste Bauwerk, das zum Aufenthalt von Menschen geeignet ist, etwa als Wohnhaus, Büro, Garage, Gartenlaube oder Ladenpassage. Für den Haftungsausschluss ist entscheidend, dass die schädigende Energieanlage und der Schadensort in einem einzigen Gebäude im natürlichen Sinne liegen, das heißt, dass das Gebäude von auf Fundamenten stehenden Außenmauern allseitig umfasst ist. Das gilt auch dann, wenn mehrere Gebäudeteile nur für sich von außen zugänglich sind und man innerhalb des Gebäudes nicht von einem Teil in den anderen gelangen kann. Die Entstehung des Schadens an einem Gebäude reicht nicht aus, ebenso wenig, dass die schadensträchtige Rohrleitung unter einem Gebäude verläuft. Dieses Haftungsprivileg kommt vor allem dem Abnehmer der Versorgungsleitungen zugute, der regelmäßig Inhaber der Leitungsanlagen in einem Gebäude sein wird. Seine Haftung gegenüber Familienangehörigen, Besuchern, Mietern, Bediensteten oder anderen Nutzern seines Gebäudes ist auf diese Weise vom Gesetzgeber absichtlich ausgeschlossen. Denn das allgemeine Gefährdungspotenzial der Anlage ist wegen der eingeschränkten Öffentlichkeit wesentlich gemindert. Die Beweislast für die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes trägt der Inhaber der Anlage.
3. Befriedetes Grundstück
Rz. 95
Die Ersatzpflicht für Schäden, die innerhalb eines im Besitz des Inhabers der Anlage stehenden befriedeten Grundstückes entstehen, ist aus demselben Grund ausgeschlossen worden, wie die Haftung für Schäden innerhalb eines Gebäudes. Auch hier soll in erster Linie der Grundstücksbesitzer gegenüber Personen, die sein Grundstück betreten, und die dadurch regelmäßig die von darauf befindlichen Anlagen ausgehende Gefahr auf sich nehmen, vor der Haftung nach § 2 HaftpflG bewahrt werden. Der Begriff des befriedeten Grundstücks entspricht § 123 StGB. Das Grundstück muss in äußerlich erkennbarer Weise durch den Berechtigten mittels Schutzwehren, z.B. Mauern, Zäune, Hecken, Tore, Wälle, gegen das willkürliche Betreten durch andere gesichert sein. Bloße Hinweistafeln sind nicht ausreichend. Auch hier obliegt dem Inhaber der Anlage die Beweislast für die Schadensentstehung auf seinem Grundstück und die Befriedung des Grundstücks.
4. Beschädigung einer Verbrauchs- oder Abnahmeeinrichtung
Rz. 96
Der Haftungsausschluss bei Beschädigung einer Verbrauchs- oder Abnahmeanlage oder bei der Schadensverursachung durch eine solche Einrichtung (§ 2 Abs...