Rz. 129

B § 16 VHB 2010 entspricht § 81 VVG. Ausgeschlossen wird die Deckung für Schäden, die auf Vorsatz des Versicherungsnehmers oder seines Repräsentanten beruhen. Bei grober Fahrlässigkeit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechendem Verhältnis zu kürzen. "Zu kürzen" bedeutet dabei nicht, dass zumindest eine geringe Quote (mindestens 1 %) der vertraglich vereinbarten Leistung erbracht werden müsste. In besonderen Fällen, d.h. wenn die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass die grobe Fahrlässigkeit schon fast als Vorsatz zu betrachten ist, kommt auch eine Kürzung auf "Null" in Betracht.[147] Dementsprechend kann "am Rande leichter Fahrlässigkeit" auch die volle Leistungspflicht des Versicherers in Betracht kommen.

Zum Maß der Quotierung bei grober Fahrlässigkeit liegen zu den VHB erst wenige Urteile vor. So hat das AG Langenfeld bei Zurücklassung eines hochwertigen Notebooks in einem in einem Parkhaus abgestellten Pkw eine Kürzung der Versicherungsleistung um 70 % für angemessen erachtet, wenn das Notebook von außen frei einsehbar auf der Rücksitzbank lag.[148] Das LG Bonn hat unter Abwägung der spezifischen Umstände eine Kürzung der Versicherungsleistung um 50 % bei einem Frostschaden als gerechtfertigt angesehen, wenn der Versicherungsnehmer die Leitungen nicht selbst entleerte, sondern nur nicht hinreichend kontrollierte, dass dies durch den Mitarbeiter einer anderen Firma geschah, andererseits aber dem Versicherungsnehmer bekannt war, dass mit einer längeren Periode strengen Frosts zu rechnen war.[149] Wenn Rohre und Toilettenbecken eingefroren, geplatzt und ausgelaufen sind, nachdem der Versicherungsnehmer dem Mieter die von diesem genutzte Lagerhalle gekündigt und der Mieter dem Versicherungsnehmer mitgeteilt hatte, dass er die Lagerhalle weiter nutze, aber nicht mehr heize und der Versicherungsnehmer trotz dieses Hinweises das Wasser nicht abgestellt hat, war der Versicherer nach Ansicht des LG Mannheim berechtigt, die Versicherungsleistung auf 35 % der Reparaturkosten zu kürzen.[150] Wie die Quotierung im Bereich grober Fahrlässigkeit weiter umgesetzt wird und ob dabei die im Einzelfall gelegentlich "ergebnisorientiert" anmutende Differenzierung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit (vgl. z.B. die Fülle der jährlich zu Hausratsschäden infolge Brandes eines Adventskranzes ergangenen Entscheidungen) aufrecht erhalten bleibt, ist abzuwarten.

Die Regelung im Gesetz und den VHB beinhaltet einen subjektiven Risikoausschluss und keine Sanktion der Verletzung einer allgemeinen Schadenverhütungsobliegenheit.[151]

[148] AG Langenfeld VersR 2010, 1449 = zfs 2010, 580; siehe auch Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, § 2 Rn 243 ff.
[149] LG Bonn VersR 2010, 1079; siehe auch Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, § 2 Rn 181 ff.
[150] LG Mannheim r+s 2011, 295.
[151] Dietz, § 9 Rn 3.1.

a) Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit

 

Rz. 130

Der völlige oder zumindest quotale Ausschluss von Schäden, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt, umfasst sowohl positives Tun als auch Unterlassen, letzteres allerdings nur, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Diese kann sich aus dem Versicherungsvertrag selbst ergeben, aber auch daraus resultieren, dass der Versicherungsnehmer die Entwicklung und drohende Verwirklichung der Gefahr zulässt, obwohl er die geeigneten Mittel zum Schutz des versicherten Interesses in der Hand hat und bei zumutbarer Wahrnehmung seiner Belange davon ebenso Gebrauch machen könnte und sollte wie eine nicht versicherte Person.[152]

 

Rz. 131

Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges, wobei wie immer im Zivilrecht bedingter Vorsatz genügt; dieser liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer den Schadeneintritt billigend in Kauf nimmt.

Der Versicherer, der sich auf Vorsatz des Versicherungsnehmers beruft und mit dieser Begründung Leistungsfreiheit geltend macht, hat die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls ohne Beweiserleichterung voll zu beweisen[153]

Grob fahrlässig handelt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und in ungewöhnlich hohem Maße dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit umfasst danach ein objektives Element, nämlich das Abweichen von der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, und die subjektive Seite, die den Verschuldensvorwurf, gemessen an den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, beinhaltet. Sowohl der objektive Sorgfaltsverstoß als auch das Maß des Verschuldens müssen "grob", d.h. ungewöhnlich weitgehend sein. Ein typisches Augenblicksversagen erfüllt daher in der Regel den Vorwurf grobfahrlässigen Verhaltens nicht, entkräftet ihn aber auch nicht zwingend.[154] Soweit nach neuem Recht eine Quotierung des Leistungsanspruchs innerhalb des Bereichs grober Fahrlässigkeit nach der Schwere des Verschulde...

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