Rz. 103
Definition
Leitungswasser ist Wasser, das aus
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Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder damit verbundenen Schläuchen, |
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mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen oder aus deren Wasser führenden Teilen, |
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Anlagen der Warmwasser- oder Dampfheizung, |
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Einrichtungen von Klima-, Wärmepumpen- oder Solarheizungsanlagen |
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Aquarien oder Wasserbetten sowie Sprinkler- und Berieselungsanlagen |
bestimmungswidrig ausgetreten ist.
Rz. 104
Nach A 5.2 VHB 2022 umfasst der Begriff nicht nur Wasser und Wasserdampf, sondern auch Betriebsflüssigkeiten aus Heizungs- oder Klimaanlagen. Dadurch wird der Versicherungsschutz nicht unerheblich erweitert. Versichert sind ausdrücklich auch Schäden im Inneren Wasser führender Einrichtungen. Zweifelsfragen in der Rechtsprechung zu den VHB 84 und früheren Klauselfassungen, in denen der Versicherungsfall dahingehend definiert war, dass Leitungswasser aus mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen ausgetreten ist, während jetzt der Austritt aus den Wasser führenden Teilen der Einrichtungen ausreicht, sind deshalb überholt; Schäden außerhalb der Wasser führenden Teile, beispielsweise an der Steuerungselektronik und dem Elektromotor der Waschmaschine, sind nunmehr ersatzpflichtig, während Schäden an den Wasser führenden Teilen selbst, etwa der Laugenpumpe, nach wie vor unversichert sind. In den VHB 2022 ist dies in Bezug auf Rohrbruch durch den Zusatz "sofern diese Rohre nicht Bestandteil von Heizkesseln, Boilern oder vergleichbaren Anlagen sind", verdeutlicht (A 5.3 VHB 2022).
Rz. 105
Nach h.M. ist zwischen Schäden durch ausgetretenes Leitungswasser, zu denen unbestritten nicht nur die unmittelbaren, sondern auch Folgeschäden zählen, und Schäden durch den "Austritt von Leitungswasser" (Fehlen von Wasser im Rohrleitungssystem) zu unterscheiden, so dass ein wegen Wassermangels ausgeglühter Heizkessel oder die Fische, die nach Auslaufen des Aquariumswassers verenden (in A 5.4.8 VHB 2022 ausdrücklich geregelt), nicht entschädigt werden.
Rz. 106
Unter dem Rohrsystem bzw. den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung sind starre Hohlkörper zu verstehen, die der Wasserver- oder -entsorgung dienen. Ihnen sind Schläuche, die mit dem Rohrsystem verbunden sind, etwa der an einen Wasserhahn angeschlossene Wasch- oder Spülmaschinenschlauch, gleichgestellt. Auch Wasser, das durch eine undichte Silikonfuge zwischen Duschtasse und gefliester Seitenwand der Duschkabine in das Mauerwerk eindringt, fällt unter den Versicherungsschutz. Dasselbe gilt, wenn es zu einem Bruch des Bodenablaufs einer Dusche kommt.
Wasser, das bestimmungswidrig aus einem Regenfallrohr austritt, ist dagegen kein Leitungswasser; davon kann erst von der Stelle an, ab der das Regenfallrohr in das Abwasserleitungssystem einmündet, gesprochen werden. Das Streitpotential des schadenstiftenden Wasser im Regenrohr wird durch die ausdrückliche Aufnahme von bestimmungswidrig aus innerhalb des Gebäudes liegenden Regenrohren austretenden Wassers entschärft (A 5.2 VHB 2022). Auch die Drainage gehört nicht zu dem Leitungswassersystem. In A 5.3 VHB 2022 ist dies dadurch verdeutlicht, dass auf "innerhalb von Gebäuden" liegende Rohre und Installationen abgestellt und zusätzlich Rohre und Installationen unterhalb der Bodenplatte ausgenommen werden.
Rz. 107
Bestimmungswidrig ist der Austritt des Leitungswassers oder einer gleichgestellten Flüssigkeit bzw. von Wasserdampf nicht nur, wenn er auf einer technischen Störung (geplatztes oder korrodiertes Rohr, beschädigte Dichtung eines Absperrhahnes) beruht, sondern auch dann, wenn dies entgegen dem Willen des Versicherungsnehmers oder eines sonstigen berechtigten Benutzers geschieht. Maßgebend ist die Planung nach Zeit, Ort und Menge; tritt Wasser entgegen dieser Planung aus, ist dies bestimmungswidrig, so etwa, wenn die Badewanne oder ein Waschbecken überläuft, weil eine Verstopfung den Notüberlauf zugesetzt hat bzw. der Wasserzulauf entgegen der Erwartung des Versicherungsnehmers so stark ist, dass der Notüberlauf die Wassermenge nicht fasst oder ein drehbarer Wasserhahn unbemerkt über den Beckenrand geschwenkt wird bzw. der in das Waschbecken eingehängte Ablaufschlauch der Waschmaschine durch den Wasserdruck beim Abpumpen abspringt. Umgekehrt kann von bestimmungswidrigem Wasseraustritt nicht die Rede sein, wenn der Versicherungsnehmer das Wasser vorsätzlich aus- oder überlaufen lässt, etwa um einen Versicherungsfall vorzutäuschen. Da der Wasseraustritt nicht im Versicherungsort erfolgen muss, sondern auch außerhalb dessen geschehen kann (etwa in der darüber liegenden Wohnung eines Dritten), sofern sich der Schaden nur im Versicherungsort verwirklicht, wird man Martin zustimmen müssen, dass darüber hinaus bestimmungswidrig jeder Wasseraustritt ist, gleichgültig ob er auf Vorsatz beruht oder nicht, der sich entgegen dem Willen des Versicherungsnehmers auf dessen Wohnung auswirkt; es wäre inkonsequent, in dem einen Fall auf die Planung des Versicherungsnehmers abzus...