Rz. 237
Definition
Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert der gesamten versicherten Sachen zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ist.
Obergrenze der Entschädigung ist die Versicherungssumme, erhöht in der Hausratversicherung bei entsprechender Vereinbarung um den Vorsorgebetrag. Nur der Versicherungsnehmer, der die versicherten Gegenstände zu ihrem vollen Wert versichert hat (Vollwertprinzip) erhält im Schadenfalle vollen Ersatz. Die Versicherungssumme muss, weil Versicherungswert in der Hausratversicherung der Wiederbeschaffungspreis ist, dem Neuwert des gesamten versicherten Hausrats entsprechen, damit nicht Unterversicherung eintritt. Die VHB 2022 und frühere VHB sehen ein Summenmodell und ein Wohnflächenmodell vor. Im Summenmodell wird die Versicherungssumme zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer vereinbart. Im Wohnflächenmodell wird sie anhand der Anzahl der Quadratmeter der Wohnfläche bestimmt, die mit einem vom Versicherer vorgegebenen Wert multipliziert wird. Damit sollen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Neuwerts des gesamten Hausrats vermieden werden. Gleichzeitig ist damit die Vereinbarung des Unterversicherungsverzichts erleichtert.
Rz. 238
Liegt Unterversicherung vor, wird nach A 17.4 VHB 2022 Entschädigung nicht etwa bis zur Höhe der Versicherungssumme geleistet, sondern die Entschädigung im Verhältnis der Versicherungssumme (ggfs. zuzüglich Vorsorgebetrag) zu dem Neuwert des versicherten Hausrats nach der Formel
gekürzt.
Berechnungsbeispiel
Der Hausrat ist mit 100.000 EUR versichert. Versicherungssumme und vereinbarter Vorsorgebetrag von 10 % der Versicherungssumme belaufen sich deshalb auf 110.000 EUR. Tatsächlich beträgt der Neuwert des Hausrats, bezogen auf den Schadenzeitpunkt, 165.000 EUR. Das Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert beträgt 2/3. Durch einen versicherten Rohrbruch entsteht ein Wasserschaden an Hausratsgegenständen im Neuwert von 30.000 EUR. Entschädigt werden wegen Unterversicherung nur 20.000 EUR.
Rz. 239
Sind Wertsachen von dem Schaden mitbetroffen, erfolgt die Berechnung der Entschädigung nach A § 13 VHB 2010 in einem mehrstufigen Verfahren. Bei der Ermittlung des Versicherungswerts werden die Wertsachen nur solange mit ihrem tatsächlichen Wert berücksichtigt, wie dieser die allgemeine Entschädigungsgrenze für Wertsachen (A § 13 Nr. 1 VHB 2010) oder eine gesondert vereinbarte höhere Wertgrenze) nicht übersteigt, ansonsten mit dem maßgebenden Höchstbetrag.
Beispiel
Der Hausrat ist mit 100.000 EUR versichert. Versicherungssumme und vereinbarter Vorsorgebetrag von 10 % belaufen sich deshalb auf 110.000 EUR.
Der Hausrat besteht aus: |
|
Bargeld (nicht verschlossen aufbewahrt) |
15.000 EUR |
Gemälden |
50.000 EUR |
sonstigem Hausrat |
120.000 EUR |
Gesamtwert |
185.000 EUR |
Der Versicherungswert des Hausrats beträgt: |
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Wertsachen (20 % aus 110.000 EUR) |
22.000 EUR |
sonstiger Hausrat |
120.000 EUR |
Versicherungswert |
142.000 EUR |
Werden bei einem Einbruchdiebstahl das gesamte Bargeld, die Gemälde und sonstiger Hausrat im Werte von 20.000 EUR entwendet, ergibt sich folgende Entschädigungsberechnung:
1. Stufe: Kürzung der Schadenbeträge wegen Unterversicherung
Entschädigung Bargeld |
11.619,72 EUR |
Entschädigung Gemälde |
38.732,39 EUR |
Entschädigung sonstiger Hausrat |
15.492,96 EUR |
(jeweils 77,46 %) |
|
2. Stufe: Besondere Wertgrenzen
Entschädigung Bargeld |
2.000,00 EUR |
Entschädigung Gemälde |
38.732,39 EUR |
3. Stufe: Allgemeine Entschädigungsgrenze für Wertsachen
Entschädigung für Wertsachen (Bargeld und Gemälde) |
22.000,00 EUR |
Entschädigt werden somit: |
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Schaden an Wertsachen |
22.000,00 EUR |
Schaden sonstiger Hausrat |
15.492,96 EUR |
Gesamt: |
37.492,96 EUR |
Rz. 240
Durch Einschluss der Klausel Nr. 7712 in den Versicherungsvertrag kann ein unbegrenzter Unterversicherungsverzicht vereinbart werden.