Rz. 241
Die Entschädigungsgrenzen in der Außenversicherung und für bestimmte Wertsachen sollen das Risiko des Versicherers einschränken. Seine Risiko- und Prämienkalkulation beruht darauf, dass er in der Außenversicherung und bei Wertsachen höchstens mit der vereinbarten oder der festgelegten Summe haftet.
Rz. 242
Schließt ein Versicherungsnehmer für seinen Hausrat statt eines Vertrages mit einer bedarfsgerechten Versicherungssumme von 200.000 EUR zwei Verträge mit Versicherungssummen von 120.000 EUR und 80.000 EUR ab, würde dies unterlaufen, weil die Entschädigungsgrenzen für den einzelnen Vertrag gelten. Dieselbe Situation kann sich ergeben, wenn Verlobte, die jeweils eigene Hausratversicherungen unterhalten, nach der Eheschließung in eine gemeinsame Wohnung ziehen oder sich mehrere Personen mit getrennten Verträgen eine Wohnung teilen, weil fremdes Eigentum jeweils mitversichert ist (A 8.4 VHB 2022).
Deshalb bestimmt B 4.1.3 VHB 2022, dass sich in derartigen Fällen der Anspruch in der Weise ermäßigt, dass aus allen Verträgen keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen in dem vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre. Es wird mit anderen Worten eine Gesamtentschädigungsgrenze gebildet.
Die Regelung in B 4.1.3 VHB 2022 gilt für alle Fälle der Doppelversicherung. Die Versicherer haften als Gesamtschuldner, und zwar jeder für den Betrag, der ihm aus seinem Vertrag obliegt; insgesamt kann der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte aber nicht mehr als den Betrag des ihm entstandenen Schadens verlangen. Im Innenverhältnis sind die verschiedenen Versicherer untereinander ausgleichspflichtig, wobei die Verletzung von Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem einen Versicherer den Ausgleichsanspruch des anderen Versicherers wegen Doppelversicherung unberührt lässt. Ist die Doppelversicherung ohne Kenntnis des Versicherungsnehmers zustande gekommen, was als ohne darauf gerichteten Willen zu verstehen ist, etwa in den Fällen des Zusammenziehens von Verlobten, kann die Herabsetzung der Versicherungssumme des zeitlich später geschlossenen Vertrages bzw. dessen Aufhebung verlangt werden. Ist die Doppelversicherung dagegen in der Absicht geschlossen, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist ein in dieser Absicht geschlossener Vertrag nichtig (B 4.1.3 c VHB 2022).
Rz. 243
Gelten für die einzelnen Hausratversicherungen unterschiedliche Wertgrenzen, etwa weil der eine Vertrag noch nach den VHB 84 und der andere nach den VHB 92 abgeschlossen wurde oder weil für Wertsachen in dem einen eine höhere Wertgrenze vereinbart wurde, ist für die Gesamtentschädigung der höhere Einzelwert maßgebend. Der Ausgleich zwischen den Versicherern erfolgt analog § 78 VVG.
Berechnungsbeispiel
Versicherungssumme Vertrag A |
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(keine erhöhten Entschädigungsgrenzen) |
50.000 EUR |
Versicherungssumme Vertrag B |
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(Werte für Bargeld um 50 % erhöht) |
100.000 EUR |
Bei einem Einbruchdiebstahl wird aus der in beiden Verträgen versicherten Wohnung unverschlossen verwahrtes Bargeld in Höhe von 10.000 EUR entwendet. |
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Entschädigungsgrenze für Bargeld in A |
2.000 EUR |
Entschädigungsgrenze für Bargeld in B |
3.000 EUR |
Entschädigt werden insgesamt |
3.000 EUR |
Ausgleich der Entschädigung zwischen den Versicherern erfolgt in der Weise, dass der Entschädigungsbetrag in Höhe des Höchstbetrages für Bargeld geteilt wird. Den auf die in Vertrag B einzelvertraglich erhöhte Höchstentschädigung entfallenden Teil der Gesamtentschädigung trägt nur der Versicherer B, weil auch nur er die Mehrprämie erhalten hat. Aufteilung somit: Versicherer A (½ von 2.000 EUR =) 1.000 EUR, Versicherer B (½ von 2.000 EUR =) 1.000 EUR + aus Erhöhung 1.000 EUR = 2.000 EUR.