Rz. 114
Gem. § 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG liegt Arbeit auf Abruf vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). § 12 Abs. 1 S. 2–4 TzBfG legt zur Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit Mindestbedingungen fest. Die Lage der Arbeitszeit hängt von der Konkretisierung des Arbeitgebers ab.
a) Vereinbarung zur Dauer der Arbeitszeit
Rz. 115
Gem. § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG muss in der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt werden.
Haben die Parteien eine Vereinbarung über die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht getroffen, gilt gem. § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gem. § 12 Abs. 1 S. 4 TzBfG jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.
Rz. 116
Das BAG hatte 2005 entschieden, dass die Variabilisierung auch der Dauer der Arbeitszeit in einem begrenzten Umfang möglich ist. Für die Vereinbarung der Dauer der Arbeitszeit genüge eine Mindestdauer. Das BAG hielt es in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien für zulässig, wenn die vom Arbeitgeber zusätzlich abrufbare Arbeit bis zu 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit beträgt; zugleich hatte das BAG es auch für zulässig erklärt, wenn sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, die vereinbarte Arbeitszeit um bis zu 20 % zu reduzieren.
Rz. 117
Diese Rechtsprechung des BAG ist im Zuge der Novellierung des TzBfG im Jahre 2019 in § 12 Abs. 2 TzBfG kodifiziert worden. Sofern für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart ist, darf der Arbeitgeber gem. § 12 Abs. 2 S. 1 TzBfG nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber gem. § 12 Abs. 2 S. 2 TzBfG nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
Rz. 118
Heraufsetzung der Arbeitszeit
Bei einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 30 Stunden kann der Arbeitgeber durch Arbeit auf Abruf die regelmäßige Arbeitszeit auf bis zu 37,5 Stunden heraufsetzen.
Rz. 119
Reduzierung der Arbeitszeit
Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden kann sich der Arbeitgeber das Recht vorbehalten, die Arbeitszeit auf 32 Stunden zu reduzieren.
b) Ankündigungsfrist
Rz. 120
§ 12 Abs. 3 TzBfG bestimmt, dass der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung nur verpflichtet ist, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.
Rz. 121
Die Berechnung der Ankündigungsfrist unterliegt den allgemeinen Regeln der §§ 186 ff. BGB, so dass es auf den Zugang der Mitteilung beim Arbeitnehmer ankommt. Der Tag des Zugangs der Mitteilung wird gem. § 187 Abs. 1 BGB bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet; auch der Tag der Arbeitsaufnahme zählt nicht mit. Ist der letzte Tag vor dem Vier-Tages-Zeitraum ein Samstag, Sonn- oder Feiertag, muss die Mitteilung am "nächsten" Werktag, d.h. wegen der anzustellenden Rückrechnung am nächsten vorhergehenden Werktag erfolgen (§ 193 BGB).
Rz. 122
Fristberechnung
Geplanter Arbeitstag |
Letzter Mitteilungstag (Zugang) |
Montag |
Mittwoch |
Dienstag |
Donnerstag |
Mittwoch |
Freitag |
Donnerstag |
Freitag |
Freitag |
Freitag (Vorwoche) |
Samstag |
Montag |
Sonntag |
Dienstag |
Rz. 123
Der Arbeitnehmer kann freiwillig auch in einer kürzeren Frist die Arbeit aufnehmen. Er kann hierzu jedoch nicht gezwungen werden. Insoweit steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Deshalb ist der Arbeitnehmer auch nicht verpflichtet, die nicht fristgerechte Aufforderung des Arbeitgebers zurückzuweisen.
Rz. 124
Eine kürzere Frist kann wegen § 22 Abs. 1 TzBfG nicht vereinbart werden; eine solche Vereinbarung ist gem. § 134 BGB nichtig. Gem. § 12 Abs. 6 TzBfG kann jedoch unter bestimmten Bedingungen durch Tarifvertrag von § 12 Abs. 1 und 3 TzBfG auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Rz. 125
Hinweis
Umstritten ist, ob dem Betriebsrat bei der Arbeit auf Abruf ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Einführung und Ausgestaltung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliege. Dagegen wird eingewandt, dass durch die Einführung von Abrufarbeit die Lage der Arbeitszeit noch nicht festgelegt werde, sondern vielmehr vorerst offen bleibe; der Abschluss entsprechender Arbeitsverträge sei deshalb grundsätzlich mitbestimmungsfrei.
Einigkeit besteht dagegen, dass der einzelne Abruf, also die Festlegung der individuellen bedarfsorientierten Arbeitszeit innerhalb des vertraglichen Rahmens, nicht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.