Rz. 76
OLG Bremen
Wird ein Auflieger mit Waren im Wert von 50.000 EUR auf einem öffentlichen Parkstreifen ohne Verwendung eines in der Speditionsbranche üblichen Königszapfenschlosses abgestellt und entwendet, handelt das Speditionsunternehmen grob fahrlässig. Die Kaskoversicherung ist zu einer Leistungskürzung um 50 % berechtigt. Ein solches Verhalten ist auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbar. Weder Container noch Anhänger waren mit einem GPS-Sender versehen.
Rz. 77
OLG Celle
Wer sich nur kurzzeitig von seinem nicht abgeschlossenen Fahrzeug entfernt und dabei die Fahrzeugschlüssel im Innenraum liegen lässt, handelt nicht grob fahrlässig. Der Kl. hatte den Schlüssel nicht dauerhaft in seinem Fahrzeug zurückgelassen. Der Schlüssel wurde nicht im Fahrzeug aufbewahrt, sondern war dort nur in der Jacke des Klägers auf dem Rücksitz liegen geblieben, weil an diesem Tag durch einen weiteren Fahrer mit einem zweiten Schlüssel gefahren worden war. Der Senat kann auch nicht davon ausgehen, dass der Schlüssel dort vom Kl. bewusst zurückgelassen worden war. Wäre dem so gewesen, hätte er nicht seine Ehefrau um ihren Schlüssel bitten müssen.
Rz. 78
OLG Hamm
Der Versicherer trägt die Beweislast für die Herbeiführung eines Versicherungsfalls und die Ursächlichkeit der groben Fahrlässigkeit durch den Versicherungsnehmer. Eine grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers ist nicht nachgewiesen, wenn dieser die Papiere in einem auf öffentlichem Verkehrsgrund geparkten Kfz lässt und die Umstände des Fahrzeugdiebstahls sowie die Verletzung von Sicherungsmaßnahmen unklar bleiben. Selbst wenn Fahrzeugpapiere willentlich von außen nicht sichtbar im Kfz aufbewahrt werden, begründet dies keine Gefahrerhöhung. Eine Gefahrerhöhung wegen eines Schlüsselverlusts kann nur dann angenommen werden, wenn der Verlust des Schlüssels zu einem objektiven Risiko einer Zugriffsmöglichkeit von Dritten auf das Kfz führt.
Rz. 79
OLG Dresden
Die für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls erforderlichen Mindesttatsachen können nur dann durch informatorische Anhörung des Versicherungsnehmers bewiesen werden, wenn Zeugen hierfür nicht zur Verfügung stehen. Die Berufung auf eine Obliegenheitsverletzung seitens des Versicherers erfordert in der Regel, dass in den Versicherungsbedingungen eine solche Obliegenheit enthalten ist. Werden Fahrzeugschlüssel nicht so aufbewahrt, dass sie vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt sind, kann hierin ein grob fahrlässiges Verhalten liegen. Beim Fahrzeugdiebstahl kommen der Kl. Beweiserleichterungen zugute. Sie muss den Beweis für das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung erbringen. Der Beweis für das äußere Bild ist erbracht, wenn ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen, bewiesen ist. Dieses Mindestmaß wird in der Regel erfüllt, wenn bewiesen wird, dass das Fahrzeug vom Versicherungsnehmer an einen bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit abgestellt, dort aber nicht wieder aufgefunden worden ist.
Rz. 80
OLG Naumburg
Wird ein Pkw nach einer mehrtägigen Probefahrt vereinbarungsgemäß wieder auf dem Betriebshof des versicherten Autohändlers abgestellt und wirft der Probefahrende den Schlüssel und die Papiere in einen hierfür bestimmten Sicherheitsbriefkasten, erlangt der Autohändler erneut Gewahrsam, selbst wenn ein Mitarbeiter nicht anwesend ist. Ein anschließendes Abhandenkommen des Fahrzeugs stellt sich als bedingungsgemäßer Diebstahl dar.
Rz. 81
OLG Karlsruhe
Wird ein Kfz über einen längeren Zeitraum auf einem Bahnhofsplatz abgestellt, wobei sich Schlüssel und Papiere im Fahrzeuginneren befinden, bleibt der Kaskoversicherer dennoch zu 100 % leistungspflichtig, wenn dieses Fahrzeug gestohlen wird. Dies gilt vor allem dann, wenn der Zeitpunkt des Diebstahls nicht feststeht. Unter diesen Umständen kann nicht von grob fahrlässigem Verhalten ausgegangen werden. Hierzu müsste bewiesen sein, dass der Täter vor seinem Diebstahlsentschluss gesehen hat, dass sich die Fahrzeugpapiere bzw. der Zweitschlüssel im Fahrzeug befinden.
Rz. 82
LG Aachen
Die Obhutspflicht einer Reparaturwerkstatt geht zwar nicht so weit, dass der Handwerker die Wegnahme eines in Obhut genommenen Fahrzeugs mit allerletzter Sicherheit auszuschließen hätte (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 13.1.1982 – 3 U 110/81). Er hat jedoch all jene Maßnahmen zu treffen, die technisch praktikabel und effektiv sowie unter Berücksichtigung des Betriebsablaufs zumutbar und mit Rücksicht auf den Wert der in Obhut genommenen Sache erforderlich sind (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 28.6.1991 – 26 U 156/90). Dazu gehört einerseits, dass die Werkstatt selbst verschlossen gehalten und die Zugänge wirksam versperrt werden müssen, andererseits aber auch die Benutzung und Anwendung der in jedem Personenwagen vorhandenen Sicherungen gegen Entwendung und unbefugte Benutzung. So muss der Zündschlüssel vom Lenkradschloss abgezogen und d...