Rz. 97
OLG Hamm
Eine Regelung in den AGB eines Autovermieters, die eine vertraglich vereinbarte Haftungsreduzierung zugunsten des Mieters und des berechtigten Fahrers für den Fall grober Fahrlässigkeit vollständig ausschließt, ist wegen Abweichung vom Leitbild des § 81 Abs. 2 VVG für die Vollkaskoversicherung unwirksam (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.7.2014 – VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn 8; BGH, Urt. v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150 Rn 9–13).
An die Stelle der vertraglichen Regelung tritt gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 81 Abs. 2 VVG, auch wenn (mittlerweile) eine große Vielzahl von Vollkaskoversicherungsverträgen den Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 81Abs. 2 VVG vorsehen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.7.2014 – VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn 13 f.).
Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 81 Abs. 2 VVG kann nicht pauschal bei Nichtbeachtung der notwendigen Durchfahrtshöhe von Mietfahrzeugen durch den Mieter oder den berechtigten Fahrer verneint werden, sondern ist einzelfallbezogen – wie hier – zu bejahen oder zu verneinen.
Bei der Quotenbildung nach § 81 Abs. 2 VVG kann es zwar zu einem 100 %igen Ausschluss des Versicherungsschutzes (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 Rn 20–33, BGH, Urt. v. 11.1.2012 – IV ZR 251/10, r+s 2012, 166 Ls. 1 und Rn 9 f.) oder umgekehrt zum vollständigen Fortbestand des Versicherungsschutzes kommen; beides kommt indes nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls in Betracht (hier verneint).
Sowohl bei unmittelbarer wie auch – wie hier – lückenfüllender Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG (wie auch im Rahmen des § 28 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VVG) ist von der zu entschädigenden Summe zunächst die Selbstbeteiligung in Abzug zu bringen und erst anschließend die Quotelung vorzunehmen. (LS. d. OLG Hamm)
Rz. 98
OLG Düsseldorf
Fährt der Mieter eines kleinen Lkw mit einer Höhe von 3,50 m unter Missachtung des Zeichens 265 nach § 41 StVO, das auf eine Höhenbegrenzung von 2,60 m hinweist, in eine offene Parkgarage ein, handelt er grob fahrlässig. Hiervon ist insbesondre dann auszugehen, wenn sein Fehlverhalten in erster Linie darauf beruht, dass er sich nicht hinreichend mit den Abmessungen des Fahrzeugs vertraut gemacht und diese verinnerlicht hatte, weshalb er in der konkreten Verkehrssituation (fremdes Fahrzeug, nicht bekannte Örtlichkeit) überfordert war. Kann ihm allerdings nur ein kurzfristiges, momentanes Versagen vorgeworfen werden, weil er das ihm nicht vertraute Fahrzeug nur für einen Tag gemietet hatte, nähert sich der zu beurteilende Fall in der Bandbreite der Fälle, die als grob fahrlässig anzusehen sind, eher der Grenze der einfachen Fahrlässigkeit an als dem bedingten Vorsatz. In entsprechender Anwendung der Grundsätze des § 81 Abs. 2 VVG ist dann eine Haftungsquote des Mieters von 40 % angemessen.
Rz. 99
LG Hagen
Kommt es an einem Kfz zum Schaden, weil dessen Fahrer beim Einfahren in eine Tiefgarage vergisst, dass er auf dem Dachgepäckträger zwei Fahrräder hat und vergrößert er den Schaden, weil er aus Schreck rückwärts fährt und rammt er hierdurch einen Poller, kann der Versicherer wegen der groben Missachtung der Einfahrtshöhe in die Tiefgarage die Kasko-Versicherungsleistung um 30 % kürzen. Das "Vergessen" der Fahrräder stellt kein Augenblicksversagen dar.
Rz. 100
LG Hagen
Der Fahrer eines Mietfahrzeugs mit einer Aufbauhöhe von 3,50 m, der trotz der Warnhinweise die niedrige Durchfahrtshöhe einer Unterführung oder eines Tunnels (hier Tunnelhöhe von 3,10 m) ignoriert und der deshalb mit der rechten Seite des Kofferaufbaus des Fahrzeugs mit der Tunneldecke kollidiert, handelt objektiv grob fahrlässig. Auch in subjektiver Hinsicht handelt er grob fahrlässig, wenn er durch eine an der Windschutzscheibe angebrachte Warnung auf die Beachtung der Durchfahrtshöhe aufmerksam gemacht wurde und er nicht damit rechnen konnte, dass entgegen der Beschilderung ein Passieren möglich wäre. Eine andere Beurteilung wird auch nicht wegen der mangelnden Erfahrung des Fahrzeugführers im Führen von Lkw gerechtfertigt. Daher kann der Versicherer seine Leistung auf 50 % kürzen.
Rz. 101
LG Göttingen
Grob fahrlässig handelt, wer die angezeigte begrenzte Höhe einer Autobahnunterführung missachtet und so einen Kraftfahrzeugschaden verursacht. In einem solchen Fall ist eine Kürzung der Entschädigung um ein Drittel angemessen. Dies gilt, wenn der Unfallverursacher nicht mutwillig oder rücksichtslos gehandelt hat. Hiervon ist auszugehen, wenn das Unfallgeschehen darauf zurückzuführen sein dürfte, dass der Fahrer sich nicht in ausreichendem Umfang mit den Abmessungen des Fahrzeugs vertraut gemacht hat und diese verinnerlicht hat.
Rz. 102
LG Köln
Missachtet ein Fahrer eines angemieteten Kleintransporters die Einfahrtshöhe eines Parkhauses und wird dadurch das Fahrzeug im Dachbereich beschädigt, handelt er grob fahrlässig. Im Rahmen der vertraglich vereinbarten Haftungsbefreiung ist die Haftungsquote nac...