Rz. 123
OLG Karlsruhe
Aus den AKB ergibt sich zwar keine Pflicht, unmittelbar nach dem Unfall die Polizei herbeizurufen. Sie beinhalten jedoch die Verpflichtung, eine angemessene Zeit zu warten. Bei der Beschädigung eines Gartenzauns beträgt die Wartezeit mindestens 15 bis 30 Minuten. Der Zweck der Warteobliegenheit besteht darin, der Versicherung die sachgerechte Prüfung der Voraussetzungen ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen. Hierzu gehört die Feststellung sämtlicher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen, aus denen sich seine Leistungsfreiheit ergeben kann. Auch wenn sich aus dem Versicherungsvertrag keine ausdrückliche Verpflichtung ergibt, sich einem Alkohol- oder Drogentest zu unterziehen, hat die Versicherung ein berechtigtes Interesse daran, Feststellungen zu den äußeren Umständen des Unfallgeschehens, insbesondere zu etwaigen bereits äußerlich erkennbaren Auffälligkeiten des Versicherten, die auf eine Alkoholisierung oder auf sonstige, eine Einstandspflicht begrenzende oder ausschließende Faktoren schließen lassen, zu treffen. Es ist nicht auszuschließen, dass eine feststellungsbereite Person Verdachtsanzeichen für eine etwaige Alkoholisierung bemerkt und gerade deshalb die Polizei gerufen hätte. Dass diese Erwägungen letztlich hypothetisch bleiben, geht zu Lasten des Kl., der die Beweislast im Rahmen des Kausalitätsgegenbeweises trägt. Unter diesen Umständen wird der Versicherer leistungsfrei.
Rz. 124
KG Berlin
Für die weitestgehend identische Regelung der Folgenlosigkeit einer grob fahrlässigen Aufklärungsobliegenheitsverletzung in § 6 Abs. 3 VVG a.F. war anerkannt, dass der Versicherungsnehmer den Beweis einer negativen Tatsache praktisch so zu führen hat, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptung der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der Senat hält diese Grundsätze weiterhin für anwendbar, weil das Erfordernis der Folgenlosigkeit nach neuem Recht mit der Ausdehnung auf vorsätzliche Leistungen zwar einen weiteren Anwendungsbereich hat, inhaltlich aber nicht verändert worden ist. Nach § 28 Abs. 2 VVG führt ein vorsätzlicher Verstoß gegen die genannte Aufklärungsobliegenheit zur Leistungsfreiheit des Versicherers und ein grob fahrlässiger Verstoß zu einer Leistungsverkürzung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis. Abweichend von § 28 Abs. 2 VVG bleibt der Versicherer bei Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist, § 28 Abs. 3 S. 1 VVG. Dies gilt sowohl bei grob fahrlässigem als auch bei vorsätzlichem Verhalten. Nur bei arglistigem Verhalten des Versicherungsnehmers tritt auch bei "folgenlosen" Obliegenheitsverletzungen Leistungsfreiheit für den Versicherer nach § 28 Abs. 2 VVG ein, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG. Nach allgemein geltenden Regeln trägt der Versicherer die Darlegungs- und Beweislast für eine objektive Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, für vorsätzliches Verhalten sowie für die Umstände, die die Schwere des Verschuldens bestimmen, weil es sich um die Voraussetzungen einer dem Anspruch des Versicherungsnehmers entgegengesetzten Einrede handelt. Arglist hat ebenfalls der Versicherer darzutun und zu beweisen, weil die gesetzliche Bestimmung insoweit als Rückausnahme zur Regelung der Folgenlosigkeit in § 28 Abs. 3 VVG formuliert ist. Den Versicherungsnehmer trifft dagegen die Beweislast für das Nichtvorliegen grober Fahrlässigkeit wie auch die Folgenlosigkeit i.S.v. § 28 Abs. 3 VVG, die als Ausnahme zu den Tatbestandsvoraussetzungen der Einrede gestaltet sind. Obwohl die Darlegungs- und die Beweislast regelmäßig die gleiche Partei treffen, gelten Besonderheiten für die Folgenlosigkeit der Aufklärungsobliegenheitsverletzung, weil der Beweis und Vortrag negativer Tatsachen praktisch kaum möglich ist.
Rz. 125
KG Berlin
Der Versicherer ist in der Vollkaskoversicherung wegen vorsätzlicher Verletzung der in den Versicherungsbedingungen vereinbarten Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers leistungsfrei (hier: Ziffer E.1.3 in Verbindung mit E.7.1 AKB 2008, § 28 Abs. 2 S. 1 VVG), wenn sich der Versicherungsnehmer und Fahrer des Fahrzeugs, nach einem Unfall mit nicht unerheblichem Fremdschaden, gegenüber den am Unfallort erschienenen Polizeibeamten nicht äußert und es geschehen lässt, dass sich seine zuvor zum Unfallort herbeigerufene Mutter als Fahrerin ausgibt. Darin liegt eine Verletzung der in § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB normierten aktiven Vorstellungspflicht. Lässt der Versicherungsnehmer es sodann geschehen, dass sein Vater gegenüber dem Versicherer angibt, seine Mutter sei gefahren, liegt darin eine weitere zur Leistungsfreiheit führende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit. Der Versicheru...