Rz. 128

Im SGB XII wird danach unterschieden, ob der Hilfebedürftige und seine Einsatzgemeinschaft Einkommen generell oder nach Zumutbarkeitskriterien einsetzen müssen. § 19 SGB XII differenziert dabei nach existentiellen Leistungen (genereller Einkommenseinsatz nach §§ 19 Abs. 1 und 2 SGB XII) und Hilfe in speziellen Lebenslagen (Einkommenseinsatz nach Zumutbarkeit nach § 19 Abs. 3 SGB XII).

§ 92 SGB XII regelt den Einkommenseinsatz für die Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel (allgemeiner Lebensunterhalt) bei dauerhafter Unterbringung in stationären Einrichtungen. § 92 SGB XII wurde durch das Bundesteilhabegesetz mit Wirkung zum 1.1.2020 neu gefasst. Auf den Bezug von Eingliederungshilfe bezieht sich § 92 Abs. 1 S. 1 SGB XII nicht mehr.

a) Zumutbarer Einkommenseinsatz bei Leistungen in stationären Einrichtungen – § 92 SGB XII

 

Rz. 129

§ 92 Abs. 1 S. 1 SGB XII setzt voraus, dass der Bedürftige nicht in einer Wohnung nach § 42a Abs. 2 S. 2 SGB XII lebt.

Für den Betroffenen und den nicht getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartner eines Heimbewohners gilt für den Bezug von Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt eine Sonderregelung für den Einkommenseinsatz. Nach § 92 Abs. 1 SGB XII kann von ihm und seinem Ehepartner die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Nach § 92 Abs. 2 SGB XII soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf.

 

Rz. 130

Damit wird dem zu Hause verbleibenden Ehegatten ein sozialhilferechtlicher Garantiebetrag eingeräumt, so dass sein Lebensunterhalt dadurch sichergestellt bleiben soll. Es verbleibt ihm in der Regel ein Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts,[238] der aber nicht identisch mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch ist. § 92 SGB XII ist lex specialis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII. Er ist keine Ermächtigungsgrundlage zu einem Heranziehungsbescheid, sondern tritt an dessen Stelle.[239]

 

Rz. 131

Die Sonderregelung des § 92 SGB XII setzt voraus, dass das gemeinsame Einkommen der Partner mindestens ausreicht, um in dem bestehenden Haushalt den notwendigen Lebensunterhalt beider Partner zu decken. Auf Grundlage des Einzelfalles muss die Höhe des Betrages festgestellt werden, der für den im Haushalt verbliebenen Partner aus dem gemeinsamen Einkommen der Partner frei zu lassen ist (Garantiebetrag). Daraus ergibt sich dann die Höhe des Betrages, der aus dem Gesamteinkommen vom Träger der Sozialhilfe zum Einsatz für Leistungen, die der andere Partner nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII in der Einrichtung erhält, verlangt werden kann. Im Rahmen dieser Feststellungen soll dem im Haushalt Verbliebenen als Garantiebetrag ein angemessener Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts belassen werden. Zwischen der Einkommensfreilassung/Kostenbeteiligung nach § 92 SGB XII einerseits und der ggf. weiteren Einkommensfreilassung/Kostenbeteiligung nach § 87 SGB XII andererseits muss aber unterschieden werden.

b) Der zumutbare Einkommenseinsatz für Hilfen in speziellen Lebenslagen – §§ 85 ff. SGB XII

 

Rz. 132

In § 92 SGB XII wird die Frage der Zumutbarkeit des Einkommenseinsatzes bei Unterbringung in stationären Einrichtungen für die Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII konkretisiert.

Für die Hilfen in speziellen Lebenslagen des 5.–9. Kapitels füllen die §§ 85 ff. SGB XII den Begriff des zumutbaren Einkommenseinsatzes im Sinne von § 19 Abs. 3 SGB XII. Die §§ 85 ff. SGB XII enthalten Sonderregeln über Einkommensgrenzen für diese Hilfen, also insbesondere die in der Praxis relevante Hilfe zur Pflege.

Hilfe zur Pflege etc. werden nach § 19 Abs. 3 SGB XII geleistet, soweit

dem Leistungsberechtigten
dem nicht getrenntlebenden Ehegatten und Lebenspartner (= Einsatzgemeinschaft)

die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist.

 

Rz. 133

Die Zumutbarkeit des Mitteleinsatzes wird im ersten Schritt durch § 85 SGB XII konkretisiert. Die Aufbringung der Mittel ist danach nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs das Einkommen der nachfragenden Person und ihres nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartners zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII,
den Kosten der Unterkunft, soweit die Aufwendungen hierfür den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle EUR aufgerundeten Betrages, also: 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterha...

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