Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 237
Nicht jeder Volljährige kann frei und wirksam Willenserklärungen abgeben, insbesondere nicht, wenn Betreuung angeordnet ist (§ 1896 BGB).
Hinweis
Am 1.1.2023 tritt neues Betreuungsrecht unter vollkommener Neuregelung der Genehmigungsvorschriften in Kraft.
Soweit es zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht nach § 1903 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf. Damit erreicht das Gesetz, dass der Betreute sich in einer Rechtslage wie ein beschränkt Geschäftsfähiger befindet.
Rz. 238
Der Einwilligungsvorbehalt wird allgemein und nicht für einzelne Willenserklärungen angeordnet. Verwertungsgeschäfte sind schwebend unwirksam. Wird die Einwilligung nicht erteilt, kommt das betreffende Rechtsgeschäft nicht zustande. Dem Betroffenen stehen jedenfalls bis zur Klärung der Angelegenheit aus rechtlichen Gründen keine Verwertungsmöglichkeiten zu.
Rz. 239
Auch ohne Einwilligungsvorbehalt ist ein geschäftsunfähiger Hilfebedürftiger, für den in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ein Betreuer nach §§ 1896 ff. BGB handelt, anders als ein Hilfebedürftiger, der eine Vollmacht erteilt hat, nicht ohne weiteres in der Lage, einen Vermögensgegenstand schnell und frei zu verwerten. Ein Betreuer benötigt für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften eine betreuungsgerichtliche Genehmigung. Dazu gehören nach §§ 1821, 1822, 1831 BGB insbesondere
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die Genehmigung zur Verfügung über ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstück, zu einem Rechtsgeschäft, durch das der Betreute zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen oder über eine ihm angefallene Erbschaft oder über seinen künftigen gesetzlichen Erbteil oder seinen künftigen Pflichtteil verpflichtet wird, sowie zu einer Verfügung über den Anteil des Mündels an einer Erbschaft, |
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die Genehmigung zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen Pflichtteil sowie zur Auseinandersetzung der gesamthänderischen Erbengemeinschaft. |
für einseitige Rechtsgeschäfte.
Rz. 240
Die Genehmigungspflicht besteht, weil es sich um Geschäfte von großer vermögensrechtlicher Bedeutung handelt und deshalb zur Kontrolle des Betreuers nicht ohne betreuungsgerichtliche Genehmigung zulässig sein sollen.
Der Rechtspfleger kann die Genehmigung nach §§ 1908i, 1828 BGB nur gegenüber dem Betreuer erklären. Schließt dieser einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung, so hängt die Wirksamkeit des Vertrages nach § 1829 BGB von der nachträglichen Genehmigung des Betreuungsgerichtes ab. Solche Genehmigungsverfahren müssen sich nach § 1901 BGB am Wohl des Betreuten orientieren und dauern erfahrungsgemäß lange. Wird die Genehmigung nicht erteilt, kommt das Rechtsgeschäft nicht zustande.
Rz. 241
Genehmigungsverfahren können deshalb eine Verwertbarkeit von Zuflüssen aus Erbfall und Schenkung ggf. über sehr lange Zeit hindern. Für die Zeit bis dahin steht die erforderliche, aber fehlende Genehmigung Verwertungshandlungen aus mangelnder zeitlicher Verwertungsperspektive als auch aus rechtlichen Gründen entgegen.