Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 5
Existentieller Bedarf wird nach §§ 19 Abs. 1 SGB XII in der Form der Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII oder nach § 19 Abs. 2 SGB XII in der Form der Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII abgesichert.
§ 41 SGB XII richtet sich an die dauerhaft voll Erwerbsgeminderten (§ 43 SGB XII) oder diejenigen, die die Altersgrenze überschritten haben. § 27 SGB XII richtet sich an diejenigen, die durch dieses Raster fallen und auch keinen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II haben.
§ 19 Abs. 2 S. 1 SGB XII ordnet an, dass die Grundsicherung der Hilfe zum Lebensunterhalt vorgeht.
1. Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel – §§ 27 ff. SGB XII
Rz. 6
Die Hilfe zum Lebensunterhalt umfasst als den notwendigen und den weiteren notwendigen Lebensunterhalt:
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den Regelbedarf außerhalb von Einrichtungen gem. §§ 27, 27 a SGB XII nach der sich aus der Anlage zu § 28 SGB XII jeweils anwendbaren Regelbedarfsstufe. Er wird als pauschalierter Regelsatz gezahlt. |
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den Regelbedarf in Einrichtungen gem. §§ 27, 27 b SGB XII |
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Unterkunft und Heizung zu Hause gem. § 35 SGB XII (Übernahme tatsächlicher Aufwendungen, soweit angemessen; Pauschalleistung möglich) nach § 42a Abs. 3 SGB XII |
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Unterkunft und Heizung in einer stationären Einrichtung gem. § 42 Nr. 4 SGB XII |
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Mehrbedarfe gem. § 30 SGB XII |
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Einmalige Bedarfe gem. § 31 SGB XII (z.B. Anschaffungen und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten) |
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Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung und eine angemessene Altersvorsorge gem. §§ 32, 33 SGB XII |
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Bedarfe für Bildung und Teilhabe gem. §§ 34, 34a SGB XII |
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Hilfen zur Sicherung der Unterkunft gem. § 36 SGB XII |
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Ergänzende Darlehen und Darlehen bei vorübergehender Notlage gem. §§ 37, 38 SGB XII: zur nochmaligen Deckung eines unabweisbar gebotenen Bedarfs oder bei Leistungen für eine voraussichtlich kurze Dauer. |
Rz. 7
Hinweis: Mietverträge eines Bedürftigen mit Angehörigen?
Kosten der Unterkunft setzten in der Vergangenheit grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf – im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten – voraus. Dies konnte durch eine ernsthafte, faktische Einigung mit Angehörigen ausgelöst werden. Unabhängig von einem Fremdvergleich war dafür entscheidend, dass ein entsprechender rechtlicher Bindungswille zwischen den Beteiligten besteht. Der Bedürftige musste einer ernsthaften Mietforderung der Angehörigen ausgesetzt sein und der Mietvertrag "gelebt werden". Jetzt gilt § 42a Abs. 3 SGB XII. Leben leistungsberechtigte Personen mit einem Elternteil, mit mindestens einem volljährigen Geschwisterkind oder einem volljährigen Kind in einer Wohnung im Sinne von § 42 Abs. 2 S. 2 SGB XII und sind diese Mieter oder Eigentümer der Wohnung und sind sie nicht zur Tragung von Unterkunftskosten verpflichtet, dann sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung sozialhilferechtlich anzuerkennen.
2. Grundsicherung im Alter und bei dauerhaft voller Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel – §§ 41 ff. SGB XII
Rz. 8
Für die Grundsicherung im Alter (d.h. 67. Lebensjahr vollendet oder Altersgrenze i.S.v. § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht) oder bei dauerhaft voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) regelt § 43a SGB XII, dass der monatliche Gesamtbedarf sich aus der Summe der nach § 42 Nr. 1 bis 4 SGB XII anzuerkennenden monatlichen Bedarfe ergibt. Über § 42 SGB XII und die dortigen Verweisungen gelten weitgehend gleiche Regelungen wie für die "normale Hilfe zum Lebensunterhalt". Der notwendige Lebensunterhalt als Bedarf an Unterkunft und Heizung regelt sich allerdings
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bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a SGB XII, |
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bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Abs. 1 Nr. 2 SGB XII in stationären Einrichtungen oder nach § 27c Abs. 1 Nr. 2 SGB XII ergibt, in Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete eines Einpersonenhaushalts im Bereich des nach § 46b SGB XII zuständigen Trägers, |
§ 42a Abs. 2 SGB XII unterscheidet danach, ob ein Leistungsberechtigter in einer Wohnung, einer Räumlichkeit oder einer sonstigen Unterkunft wohnt. Das Wohnen in einer Räumlichkeit stellt ein Wohnen in einer besonderen Wohnform i.S.d. Eingliederungshilfe (SGB IX) dar und ersetzt die bis 2020 geltende Form der Versorgung in einer stationären Einrichtung. Die Aufteilung in ambulante, teilstationäre und stationäre Leistungen bleibt dagegen im SGB XII auch ab 2020 weiter erhalten. Alten- und Pflegeheime werden daher weiterhin als stationäre Einrichtung bezeichnet.
Für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt enthält § 42 SGB XII keine Verweisung. Er wird in Einrichtungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27b SGB XII erbracht.
Rz. 9
Die Einführung der Eingliederungshilfe als Leistung des SGB IX hat das Leistungsrecht noch...