A. Messungen durch Kommunen
Rz. 1
Die Überwachung von Verkehrsverstößen dient der öffentlichen Sicherheit und ist somit originäre Staatsaufgabe. Zuständig hierfür ist die Polizei. Jedoch haben fast alle Bundesländer ihre Gemeinden per Landesverordnung ermächtigt, in eigener Regie Messungen durchzuführen. Hiervon umfasst sind die selbstständige und eigenverantwortliche Ermittlung, Feststellung und Erforschung von Verkehrsverstößen sowie die Sicherung der Beweise. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wohingegen eine weitere Delegation an Private in begrenztem Rahmen zwar möglich, jedoch umstritten ist.
Rz. 2
Die Verkehrsüberwachung durch Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften in ihrer Funktion als Bußgeldbehörden ist durch das OWiG abgedeckt, wenn entsprechende Ermächtigungen vorliegen. Diese landesrechtlichen Regelungen unterscheiden sich; für die Kontrolle des fließenden Verkehrs sind zum Teil lediglich Landkreise und kreisfreie Städte ermächtigt, zum Teil aber auch weitere Gemeinden. Die Verteidigung sollte also die jeweilige Ermächtigungsgrundlage kontrollieren.
Bedenken gegen die sachliche Zuständigkeit tangieren das Bußgeldverfahren, wenn der Bußgeldbescheid nichtig ist. Nichtigkeit ist wiederum nur anzunehmen beim Vorliegen eines schwerwiegenden, offenkundigen Mangels. Dies wird bei Fragen der sachlichen Zuständigkeit jedoch restriktiv gehandhabt. Die innerdienstliche Zuständigkeit wiederum wird durch einfachen Organisationsakt delegiert und wirkt sich nicht auf die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheides aus.
Rz. 3
Inhaltlich werden an die Kommunen dieselben Anforderungen gestellt wie an die Polizeibehörden. Die Auswahl und die Häufigkeit der kommunalen Messungen sind jedoch nicht nach fiskalischen Gesichtspunkten, sondern unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung und Besserung der Verkehrsdisziplin im pflichtgemäßen Ermessen auszurichten. Um Doppelmessungen zu vermeiden, sind die Standorte zudem mit den örtlichen Polizeidienststellen genau abzustimmen. Im Gegensatz zur Polizei besitzen bei der Überwachung des fließenden Verkehrs Bedienstete einer Gemeinde grundsätzlich kein Anhalterecht gem. § 36 StVO.
B. Messungen durch Private
Rz. 4
Die hoheitlichen Kompetenzen auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit können von den Kommunen an Privatpersonen übertragen werden, solange die Behörde Herrin des Verfahrens bleibt. Eine behördliche Kontrolle muss in jedem Fall gewährleistet bleiben. Neben dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich dies auch aus dem System des standardisierten Messverfahrens. Bei der Gerätezulassung wird nämlich bereits vorausgesetzt, dass hierbei die Beweismittelkette für die Messung lückenlos rückführbar ist. Wie nachfolgend näher dargelegt wird, ist dabei zu berücksichtigen, dass die allein der Behörde vorbehaltenen Kernentscheidungen auch nicht durch eine faktische Vorauswahl der Privatpersonen beeinflusst werden dürfen. Ein formales "Durchwinken" einer privaten Vorprüfung durch die Behörde ist unzulässig.
Rz. 5
Herrin des Verfahrens bedeutet hier, dass die Ordnungsbehörde
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frei über das Gerät verfügen können muss, |
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die Echtheit der gewonnenen Messdaten garantieren muss und |
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diese Messdaten selbst umwandeln und auswerten muss. |
Rz. 6
Der behördliche Kernbereich, welcher von privaten Interessen nicht tangiert werden darf, umfasst vor allem die Vorgaben über Ort, Zeit, Dauer und Häufigkeit der Messungen, die Kontrolle des Messvorgangs, die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Einsatz technischer Hilfsmittel sowie die Kontrolle über die Ermittlungsdaten von deren Generierung bis zur Umwandlung der digitalen Messdaten in die lesbare Bildform und die anschließende Auswertung der Messung sowie schließlich die Entscheidung, ob und gegen wen ein Bußgeldverfahren einzuleiten ist. Selbst wenn die zuständige Behörde dem die Messung ausführenden Privaten Ort, Zeit und Dauer des Geräteeinsatzes vorgibt, handelt es sich also nicht um einen rein technischen Hilfsdienst, sondern um eine funktionell originäre Staatsau...