Rz. 17
Eine gesetzliche Definition des Begriffs Unternehmen sucht man vergeblich. Vor diesem Hintergrund ist das Unternehmen vom übrigen Vermögen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, sämtliche Vermögensgegenstände zu erfassen, die dazu benötigt werden, den Geschäftsbetrieb dauerhaft aufrecht zu erhalten. Einen ersten Anhaltspunkt dafür, was zum Unternehmen gehört, bieten selbstverständlich handelsrechtliche bzw. zu steuerlichen Zwecken angefertigte Bilanzen und Anlagen-Verzeichnisse. Es ist jedoch nicht in jedem Fall sichergestellt, dass diese das Unternehmensvermögen komplett abbilden. Man denke in diesem Zusammenhang nur an nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter (Know-how etc.), gemietete oder gepachtete Grundstücke, Maschinen etc.
Rz. 18
Auch wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben wird, kann keine pauschale Gleichsetzung des Gesellschaftsvermögens mit dem Unternehmensvermögen erfolgen. Denn auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass das Unternehmen auf die Nutzung von nicht zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern angewiesen ist. Im Bereich der Personengesellschaft ist insoweit vor allem an das sogenannte Sonderbetriebsvermögen (insbesondere Grundstücke, Know-how etc.) zu denken. Aber auch bei Kapitalgesellschaften können ähnliche Konstellationen vorliegen. Teilweise führen diese steuerlich betrachtet zu einer Betriebsaufspaltung (vgl. hierzu ausführlich § 30). Teilweise (soweit nicht wesentliche Betriebsgrundlagen betroffen sind) wird dem Unternehmen auch (steuerliches) Privatvermögen zur Verfügung gestellt.
Rz. 19
Vor diesem Hintergrund muss unbedingt geklärt werden, welches Vermögen bzw. welche Nutzungsrechte im Rahmen der Unternehmensnachfolge auf den Nachfolger übertragen werden müssen, um diesem eine sinnvolle Fortführung des operativen Geschäfts zu ermöglichen. Ob tatsächlich eine Eigentumsübertragung hinsichtlich aller dieser Gegenstände anzustreben ist, wird vielfach insbesondere von steuerlichen Erwägungen abhängen. Daher ist gerade die steuerrechtliche Qualität (Privatvermögen, Betriebsvermögen, Gesamthands- und/oder Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft) sämtlicher hier in Rede stehender einzelner Vermögensgegenstände genau zu analysieren.
Rz. 20
Wird das Unternehmen in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben, ist des Weiteren eine genaue Prüfung der Gesellschaftsverträge erforderlich, um die Übertragbarkeit des Unternehmens zu prüfen und etwaige Schwierigkeiten in diesem Bereich zu identifizieren.
Rz. 21
Neben den zivil- und steuerrechtlich orientierten Aspekten ist aber auch die Frage zu beantworten, in welcher wirtschaftlichen Verfassung sich das Unternehmen befindet, wie sich Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darstellen und von welchen kritischen Faktoren Erfolg bzw. Misserfolg des operativen Geschäfts abhängig sind. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere auch um die Frage, inwieweit das Unternehmen überhaupt übergabefähig ist. Je mehr es auf die Individualität des Unternehmers, seine spezifischen Erfahrungen und Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und anderen Geschäftspartnern ankommt, umso schwieriger wird es für einen (jeden) Übernehmer sein, in seine Fußstapfen zu treten und an seine Erfolge anzuknüpfen. Wenn überhaupt, kann dies nur durch eine gut vorbereitete und sorgfältig umgesetzte mittel- bis langfristige Heranführung an die zu bewältigenden Aufgaben und Überleitung der Verantwortung, insbesondere aber auch der Geschäftskontakte ermöglicht werden. Ein solcher Befund erfordert selbstverständlich eine ganz andere Nachfolgeplanung (und eine ganz andere Projekt-Konzeption) als die schlichte Übertragung von Anteilen an einer seit Jahren mit einem erfolgreichen Fremdmanagement operierenden Gesellschaft.
Rz. 22
Im Rahmen der Betrachtung des Unternehmens sollte auch nicht vergessen werden, ob und wie sich die Unternehmensnachfolge auf wesentliche Geschäfts- bzw. Vertragspartner des Unternehmens (als solchem) auswirken kann. Hier geht es neben der Bedeutung etwa vorhandener persönlicher Beziehungen des Unternehmers vor allem auch um so genannte Change-of-Control-Klauseln in langfristigen Verträgen (z.B. Liefer- oder Dienstleistungsverträgen). Hier können zugunsten des Vertragspartners außerordentliche Kündigungsrechte für den Fall eines so genannten Kontrollwechsels (Anteilsübertragung von mehr als X %) im Unternehmen bestehen.