Bernd Clasen, Dr. Thomas Gleumes
Rz. 480
Ist ein Schließfach vorhanden, sollte der Nachlasspfleger sich bemühen, die Wohnung des Erblassers intensiv nach den Schließfachschlüsseln zu durchsuchen. Schließfachschlüssel werden naturgemäß oft sehr gut vom Erblasser versteckt. Sollte ein Schließfach aber keine Schlüssel vorhanden sein, ist mit dem Kreditinstitut als letztes Mittel die gewaltsame Öffnung zu vereinbaren. Hierfür entstehen aber erhebliche Kosten und es kann mehrere Wochen dauern, bis eine Spezialfirma einen Termin für eine Schließfachöffnung vergibt.
Rz. 481
Das Schließfach kann ein Testament enthalten oder Kostbarkeiten. In der Praxis finden sich aber häufiger leere Schließfächer oder wertlose Inhalte. Insofern ist die Dokumentation der Öffnung wichtig, um spätere Einwendungen von Erben hinsichtlich des Schließfachinhalts widerlegen zu können. Hier kann ein eigener Mitarbeiter oder ein Mitarbeiter der Bank hinzugezogen werden. Schließlich muss der Nachlasspfleger bei erheblicher örtlicher Entfernung des Schließfaches bei der Öffnung auch nicht persönlich anwesend sein. Es reicht aus, wenn er die Öffnung durch zwei Bankmitarbeiter protokollieren lässt. Zudem sollte mithilfe des Zugangsprotokolls geprüft werden, wer das Schließfach zuletzt geöffnet hat. War dies ein Bevollmächtigter, muss er Auskunft hierzu geben.
Rz. 482
Für die Öffnung des Schließfachs auf Weisung des Nachlasspflegers benötigt dieser keine nachlassgerichtliche Genehmigung, weil kein genehmigungsbedürftiges Geschäft im Sinne der §§ 1812 ff. BGB vorliegt. Im Zweifel kann eine Bestätigung des Nachlassgerichts vorgelegt werden, dass eine Genehmigung entbehrlich ist. Bei dem Schließfachverhältnis handelt es sich um ein Mietverhältnis, nicht um ein Verwahrungsverhältnis. Charakteristisch ist, dass der Erblasser alleinigen Besitz am Schrankfachinhalt hat, ungeachtet dessen, dass die Bank einen Zweitschlüssel besitzt; dieser dient nur dazu, dem Kunden den Alleinzugang zu ermöglichen und ihn zusätzlich zu schützen. Demzufolge hat die Bank am Schließfachinhalt auch kein Pfandrecht aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der Pfandrechtserwerb scheitert schon an der Einräumung des Besitzes oder Mitbesitzes. Das gesetzliche Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB ist indes beschränkt auf die Forderungen aus dem Schrankfachmietvertrag, so dass das gesetzliche Pfandrecht nicht zur Sicherung anderer Forderungen der Bank gegen den Schrankfachmieter herangezogen werden kann. Dies gilt auch für ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB.