Bernd Clasen, Dr. Thomas Gleumes
Rz. 575
Nach § 34 Abs. 1 S. 2 AO hat der Nachlasspfleger dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet.
1. Steuerschulden aus dem Steuerschuldverhältnis des Erblassers
Rz. 576
Gemäß § 45 Abs. 1 AO gehen Steuerschulden des Erblassers auf den Rechtsnachfolger über. Erben haben dann für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen, § 45 Abs. 2 S. 1 AO.
Rz. 577
Möglich sind damit haftungsbeschränkende Maßnahmen wie die Anordnung der Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB) und Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (vgl. § 1975 BGB i.V.m. § 315 InsO). Können bei geringem Nachlass diese Verfahren mangels einer kostendeckenden Masse nicht durchgeführt werden, ist auch die Dürftigkeitseinrede der §§ 1990, 1991 BGB möglich. Hier ist allerdings bei der Reihenfolge der Gläubigerbefriedigung zu beachten, dass eine Steuerschuld aus einem bestandskräftigen Steuerbescheid analog § 1991 Abs. 3 BGB wie eine rechtskräftig titulierte zivilrechtliche Forderung vorrangig vom Nachlasspfleger zu erfüllen sein dürfte. Eine Beschränkung der Erbenhaftung ist erst im Vollstreckungsverfahren durch formlose Erklärung gegenüber der Vollstreckungsbehörde geltend zu machen, § 265 AO i.V.m. § 781 ZPO.
2. Steuerschulden aus dem Steuerschuldverhältnis der (unbekannten) Erben
Rz. 578
Steuerschulden aus Steuererklärungspflichten für die (unbekannten) Erben, insbesondere die Erbschaftsteuerschulden, sind in der Person der Erben entstanden, vgl. § 20 Abs. 1 ErbStG. Die Erbschaftsteuer wird nach Ablauf der im Bescheid genannten Frist fällig (§ 220 Abs. 2 AO). In der Regel beträgt die Frist einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides. Obwohl es sich um Schulden der Erben handelt, ist der Nachlasspfleger berechtigt, für die Zahlung Nachlassmittel zu verwenden. Darüber hinaus hat der Nachlasspfleger für die Entrichtung der Steuern zu sorgen und muss dem Finanzamt auf Verlangen aus dem Nachlass Sicherheit leisten, vgl. § 32 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 und 3 ErbStG.
3. Stundung
Rz. 579
Sind Steuerzahlungen in einer solchen Höhe festgesetzt, dass der Nachlasspfleger diese weder von einem laufenden Nachlasskonto bezahlen kann noch verauslagen will, ist bis zur Freigabe gesperrter Konten durch das Nachlassgericht beim Finanzamt ein Stundungsantrag zu stellen. Dies wird häufig bei der Festsetzung von Erbschaftsteuer der Fall sein.
Rz. 580
Muster 3.11: Stundungsantrag an das Finanzamt
Muster 3.11: Stundungsantrag an das Finanzamt
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter Bezugnahme auf den Erbschaftsteuerbescheid vom _________________________ erbitte ich bis zum _________________________ Stundung der festgesetzten Steuern. Über freie Mittel in dieser Höhe verfüge ich zurzeit nicht. Die Gelder sind Nachlasskonten zu entnehmen. Zu diesem Zwecke habe ich bereits bei dem Nachlassgericht einen Freigabebeschluss beantragt. Auf den zeitlichen Geschäftsgang dort habe ich keinen Einfluss.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Rz. 581
Bei einer Stundung, § 222 AO, handelt es sich um das Hinausschieben einer Fälligkeit. Ihre Bewilligung steht grundsätzlich im Ermessen der Finanzbehörde. Die Stundung ist nur zulässig, wenn die Einziehung des Anspruchs bei Fälligkeit für den Schuldner eine erhebliche Härte bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet ist.
Rz. 582
Nur in Einzelfällen ist die Stundung gesetzlich als Rechtsanspruch geregelt. Gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG besteht zum Beispiel ein Rechtsanspruch auf Stundung (zinslos) bei dem Erwerb von Grundstücken. Eine Stundung kann bis zu zehn Jahre erfolgen, wenn die Steuer des Erwerbs von Todes wegen eines Mietwohngrundstücks i.S.d. § 13c Abs. 3 ErbStG nur durch die Veräußerung aufgebracht werden könnte.
Rz. 583
Die Stundung bewirkt, dass ab dem Zeitpunkt, in dem die Stundung gewährt wird, keine Säumniszuschläge anfallen, § 240 Abs. 1 AO. Für den Zeitraum der Stundung werden jedoch grundsätzlich Stundungszinsen erhoben, § 234 AO. Auf die Erhebung von Zinsen kann das Finanzamt ganz oder teilweise verzichten, wenn die Erhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre, § 234 Abs. 2 AO.
Rz. 584
Dies wird bei dem obigen Musterschreiben (siehe Rdn 580) die Regel sein. Wird die Stundung abgelehnt, so besteht die Möglichkeit des Einspruchs, § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO. Auch ist ein vorläufiger Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung denkbar, § 114 FGO.
4. Haftung des Nachlasspflegers
Rz. 585
Den Nachlasspfleger trifft eine persönliche Haftung soweit Steuerschulden infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm aufer...