Rz. 364

Mit dem Ende der Gemeinschaft endet in der Regel auch der konkludente Verzicht auf die Ausgleichspflicht. Die während intakter Ehe getroffene stillschweigende Vereinbarung ist dahin auszulegen, dass sie sich grundsätzlich auf Abhebungen während des Zusammenlebens beschränkt.[200] Entnimmt ein Ehegatte bei bevorstehender oder nach endgültiger Trennung mehr als die Hälfte, entsteht regelmäßig ein Ausgleichsanspruch.[201]

 

Rz. 365

Unter bestimmten Voraussetzungen werden Verfügungen noch von dem stillschweigenden Verzicht auf Ausgleichsansprüche aus der Zeit des Zusammenlebens erfasst. Immer dann, wenn Ehegatten eine besondere Bestimmung getroffen haben, besteht kein Ausgleichsanspruch.

 

Rz. 366

Eine anderweitige Bestimmung liegt dann vor, wenn eine Verfügung den früheren gemeinsamen Vorstellungen der Ehepartner und dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entspricht. Möglich auch, dass mit der Geldentnahme noch eine gemeinsame Schuld bezahlt wurde. Oder, dass der nicht erwerbstätige Ehegatte maßvolle Abhebungen zur Sicherung des Unterhaltes der verbliebenen Familie tätigt, wobei diese Abhebungen dem früheren Umfang entsprechen und der andere Ehegatte mutmaßlich damit einverstanden ist.[202]

 

Rz. 367

In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, von wem die Mittel stammen oder ob es sich um ein Haushalts- oder Geschäftskonto handelt. Selbst wenn nach der Trennung der Ehegatten auf das Konto nur noch Zahlungen eines Ehepartners eingehen, ändert sich daran nichts. Die Vorschrift des § 430 BGB gilt vielmehr unabhängig davon, von wem und mit welchen Mitteln das Kontoguthaben finanziert worden ist und aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist.[203]

 

Rz. 368

Dazu auch das OLG Brandenburg[204] in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008:

Zitat

Da § 430 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als die Hälfte erhalten hat, ist, kommt es bei Oder-Konten entscheidend weder auf die Herkunft der Mittel an noch darauf, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. (…) Für zeitliche der Trennung nachfolgende Verfügungen wird aber regelmäßig eine Ausgleichspflicht angenommen, sofern der andere Ehegatte nicht mit ihnen einverstanden war. Denn die eheliche Lebensgemeinschaft macht auch die geschäftliche Betätigung des allein oder hauptsächlich erwerbstätigen Ehegatten zu einem gemeinsamen Anliegen. Diese entfällt in aller Regel mit der Trennung. Sofern ein Ehegatte in Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft dem anderen Zugeständnisse gemacht hat, kann er nach der Trennung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr daran festgehalten werden.

 

Rz. 369

Eine anderweitige Bestimmung ergibt sich aber nicht daraus, dass Hausrat angeschafft wurde. So das OLG Bremen[205] im Jahr 2014:

Zitat

Zwar kann im Einzelfall auch eine nach endgültiger Trennung der Eheleute von einem Ehegatten vorgenommene Kontoverfügung von einer anderweitigen Bestimmung erfasst sein. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mit ihr noch eine gemeinsame Schuld bezahlt worden ist oder wenn es um eine Geldentnahme geht, die mit den früheren gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten im Einklang steht und auch nach der Trennung weiterhin dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten entspricht, was bei maßvollen, dem Unterhalt der Restfamilie dienenden Abhebungen in Betracht kommen kann (…). Dies ist bei einer Abhebung zu dem Zweck der Anschaffung trennungsbedingt für nötig gehaltenen Hausrats aber nicht der Fall.

 

Rz. 370

 

Praxistipp

Durch einseitige Erklärung und Wandlung eines Oder-Kontos in ein Und-Konto lassen sich häufig drohende wirtschaftliche Schäden abwenden. Ein Ehegatte kann zwar grundsätzlich nicht durch einseitige Erklärung ein Oder-Konto in ein Und-Konto umschreiben oder die Verfügungsberechtigung sperren. Hierfür bedarf es nämlich einer Änderung des zugrunde liegenden Vertrages, an der die Bank und beide Kontoinhaber mitwirken müssen. In den AGB-Banken -Sonderbedingungen für Gemeinschaftskonten- findet sich aber die Regelung, dass eine einseitige Änderung des Kontovertrages durch einseitige Erklärung eines der Gläubiger möglich ist. Danach kann jeder Konto/Depotinhaber im Einvernehmen mit der Bank und mit Wirkung für die Zukunft das Oder-Konto/Depot in ein Und-Konto/Depot umwandeln. In diesem Fall können die Konto/Depotinhaber nur noch gemeinschaftlich Rechte aus dem Gemeinschaftskonto/Depot geltend machen. Dadurch hat ein Ehepartner die Möglichkeit, das Konto ohne Mitwirken des anderen auf sich umschreiben zu lassen oder zu sperren. Ein Zusammenwirken mit dem Ehepartner ist dafür nicht erforderlich, dies geschieht allein im Zusammenwirken mit der Bank. Es empfiehlt sich daher, die einem Kontovertrag zugrunde liegenden AGB zeitnah zu prüfen, alternativ auch unmittelbar mit der Bank in Kontakt zu treten. Gerade am Anfang der Trennung von Ehepartnern ist häufig die Problematik einer Kontenplünderung anzutreffen. Dem kann relativ sch...

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