Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 9
Mit "passiver Nutzungspflicht" ist die Pflicht gemeint, das beA auf Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen zu überwachen, diese zur Kenntnis zu nehmen und gegen sich gelten zu lassen. Die passive Nutzungspflicht umfasst damit die regelmäßige Kontrolle der Posteingänge im Gegensatz zur aktiven Nutzung, die sich auf Postausgänge erstreckt.
Rz. 10
Die passive Nutzungspflicht ist seit dem 1.1.2018 in § 31a Abs. 6 BRAO geregelt.
Zitat
"(6) Der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen."
Rz. 11
Der Gesetzgeber regelt in § 31a Abs. 6 BRAO zwei wichtige Aspekte:
▪ |
die Pflicht, technisch entsprechend ausgestattet zu sein und |
▪ |
die passive Nutzungspflicht des Postfachinhabers. |
Rz. 12
Die passive Nutzungspflicht betrifft
Rz. 13
Die Erforderlichkeit der grundsätzlich erforderlichen technischen Ausstattung wird zudem von § 2 Abs. 2 BORA ergänzt, der verlangt, dass die Verschwiegenheitspflicht es dem Rechtsanwalt gebietet, die zum Schutze des Mandatsgeheimnisses erforderlichen organisatorischen und technischen Maßnahmen zu ergreifen, die risikoadäquat und für den Anwaltsberuf zumutbar sind. Ausreichend ist damit nicht allein eine entsprechende technische Ausstattung, um überhaupt Zugang zum beA zu erhalten; ein gewisser technischer Stand und die Ergreifung von Sicherheitsmaßnahmen sind zudem notwendig. Eine veraltete Betriebssoftware, die keinen technischen Support mehr erfährt, und die Nutzung kostenfreier Virensoftware verbieten sich daher nach unserer Auffassung schon von selbst. Auch sollte darauf geachtet werden, regelmäßige UpDates auch tatsächlich zu installieren und Aufforderungen hierzu nicht einfach "wegzuklicken" (nach dem Motto: "Nicht jetzt."). Ebenso sollten regelmäßig Wartungsarbeiten erfolgen, um den reibungslosen Betrieb der eingesetzten Hard- und Software, soweit es geht, zu gewährleisten.
Rz. 14
Bezogen auf die Posteingänge unterscheidet der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen Zustellungen als förmlichen Akt und dem formlosen Zugang von Mitteilungen. Seit dem 1.1.2022 existieren zwei Zustellungsarten, die via beA möglich sind, zum einen die Zustellung elektronischer Dokumente durch das Gericht gem. § 173 Abs. 3 ZPO bzw. von Anwalt zu Anwalt, § 195 Abs. 2 S. 3 ZPO, jeweils mit Nachweis durch elektronisches Empfangsbekenntnis, oder die Zustellung elektronischer Dokumente durch den Gerichtsvollzieher gem. § 193a ZPO mit Zustellungsfiktion. Zu diesen Zustellungsarten und den berufsrechtlichen sowie prozessualen Pflichten im Zusammenhang mit Empfangsbekenntnissen wird detailliert in § 15 ausgeführt.
Rz. 15
Die passive Nutzungspflicht trifft grundsätzlich jeden Postfachinhaber und jede Postfachinhaberin, gleich ob natürliche Person oder Berufsausübungsgesellschaft, vgl. für letztere ab 1.8.2022 auch § 31b Abs. 5 i.V.m. § 31a Abs. 6 BRAO. Ausnahmen von der generellen passiven Nutzungspflicht bestehen nicht. Damit gilt:
▪ |
Es wird zum Abruf von Nachrichten ein Internetzugang benötigt. |
▪ |
Die Zugangssoftware beA Client-Security ist zu installieren. |
▪ |
Etwaige weitere zum Betrieb des beA erforderliche Software, wie z.B. ein aktuelles Java-Script, müssen installiert sein. |
▪ |
Firewall oder Systemeinstellungen dürfen einen Zugang zum beA nicht verhindern. |
▪ |
Technische Probleme, die auf Seiten des Anwalts zum Betrieb des beA zu vertreten sind, müssen behoben werden. |
▪ |
Anwälte und Berufsausübungsgesellschaften müssen ein Kartenlesegerät zur Verfügung haben, damit er Zugang zu seinem beA nehmen kann Für die Erstregistrierung ist dabei ein Gerät der Sicherheitsklasse 3 erforderlich. |
▪ |
Anwälte und Berufsausübungsgesellschaften müssen mindestens die beA-Karte Basis (vgl. § 5 Rdn 2 ff. in diesem Werk) in ihrem Besitz haben und die jeweils dazugehörige PIN kennen, damit sie sich Zugang zu ihrem beA verschaffen können. |
▪ |
Die Erstregistrierung (Erstanmeldung) am beA muss durchgeführt und abgeschlossen sein. |
▪ |
Postfachinhaber müssen, wenn sie länger als eine Woche abwesend oder verhindert sind, für eine Vertretung sorgen, vgl. dazu § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO – siehe hierzu aber auch § 7 Rdn 61, 105 i.V.m. 87 dieses Werks. |
▪ |
Für vorhersehbare und nicht vorhersehbare Verhinderungen, z.B. aufgrund plötzlicher Erkrankung etc., sind rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen. |
Rz. 16
Zur Möglichkeit, sich von der Kanzleipflicht befreien zu lassen und einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, siehe auch § 7 Rdn 59, 105 i.V.m. 87 in diesem Werk.
Rz. 17
Grundsätzlich sind damit alle Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen, u.a. insbeso...