Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 12
Der Begriff der Betreuungsverfügung wird in § 1816 Abs. 2 BGB legaldefiniert als ein Dokument, in dem der Volljährige für den Fall, dass für ihn ein Betreuer bestellt werden muss, Wünsche zur Auswahl des Betreuers oder zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert hat. Hierunter fallen sowohl klassische Schriftstücke in "Papierform" als auch elektronische Dokumente, in denen die geregelten Inhalte verschriftlicht worden sind. Es besteht Ablieferungspflicht bei Einleitung eines Betreuungsverfahrens.
Die Anordnung einer Betreuung nach § 1896 BGB a.F. ist durch das Tatbestandsmerkmal "die Bestellung eines rechtlichen Betreuers" in § 1814 BGB ersetzt worden. Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten danach ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht das auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer. Die geistigen Folgen des Altersabbaus haben die Qualität einer seelischen Behinderung.
Rz. 13
Die Betreuung ist subsidiär. "Die Anordnung einer Betreuung beeinträchtigt das Recht sich in eigenverantwortlicher Gestaltung des eigenen Schicksals frei zu entfalten, denn sie weist Dritten zumindest eine rechtliche und tatsächliche Mitverfügungsgewalt bei Entscheidungen im Leben der Betroffenen zu." § 1814 BGB bestimmt daher, dass ein Betreuer nur bestellt werden darf, wenn dies erforderlich ist.
Soweit die Angelegenheiten durch einen geeigneten Bevollmächtigten besorgt werden können und der Betroffene in der Lage ist, eine Person seines Vertrauens mit der Wahrnehmung der Angelegenheiten zu beauftragen, kommt eine Betreuung nicht in Betracht.
Rz. 14
Für die Betreuung gilt mehr denn je das Übermaßverbot. Nach § 1815 BGB (§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB a.F) besteht ein Aufgabenkreis eines Betreuers aus mehreren Aufgabenbereichen. Ein Aufgabenbereich darf nach § 1815 Abs. 1 S. 2 BGB nur angeordnet werden, wenn und soweit dessen rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer erforderlich ist. Wenn z.B. eine Betreuung in einer medizinischen Richtung erforderlich ist, darf keine Betreuung in allen gesundheitlichen Angelegenheiten angeordnet werden. Die Neuregelung des Vormundschafts- und Betreuungsrecht will auch die Grenzen der Handlungsmacht des Betreuers deutlich machen und bestimmt, dass gewisse Aufgabenbereiche namentlich benannt werden müssen, falls der Betreuer sie regeln dürfen soll:
§ 1815 Abs. 2 BGB
(2) Folgende Entscheidungen darf der Betreuer nur treffen, wenn sie als Aufgabenbereich vom Betreuungsgericht ausdrücklich angeordnet worden sind:
1. |
eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betreuten nach § 1831 Absatz 1, |
2. |
eine freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne des § 1831 Absatz 4, unabhängig davon, wo der Betreute sich aufhält, |
3. |
die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betreuten im Ausland, |
4. |
die Bestimmung des Umgangs des Betreuten, |
5. |
die Entscheidung über die Telekommunikation des Betreuten einschließlich seiner elektronischen Kommunikation, |
6. |
die Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betreuten. |
Rz. 15
Grund für diese besondere Regelung ist, dass die Wahrnehmung dieser Aufgabenbereiche "mit einer erhöhten Eingriffsintensität im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten verbunden ist", ohne dass das Tätigwerden des Betreuers unter den Vorbehalt einer Genehmigung des Betreuungsgerichts gestellt werden sollte. Damit soll ein Mindestmaß an gerichtlicher Kontrolle sichergestellt werden.
Hinweis
Der konkret festgelegte Aufgabenkreis und die ihn begründenden Aufgabenbereiche nach § 1815 BGB sind insbesondere bei der Umsetzung einer Patientenverfügung von allen Beteiligten mit äußerster Sorgfalt zu prüfen. Dies gilt umso mehr, als Entscheidungen im Sinne von § 1829 BGB (§ 1904 BGB a.F.) nicht von der ausdrücklichen Anordnungspflicht umfasst sind. Nichts anderes gilt für die Prüfung, in welchem konkreten Umfang dem Vorsorgebevollmächtigten überhaupt wirksam eine Vorsorgevollmacht erteilt wurde.
Rz. 16
Wenn die Voraussetzungen für eine Betreuung und die Bestellung eines Betreuers vorliegen, war schon nach alter Rechtslage klar, dass der Betroffene selbst im Zustand der Geschäftsunfähigkeit noch darüber entscheiden kann, welche Person sein Betreuer sein soll und ob er z.B. seiner Familie irgendein Einfluss auf die zu treffenden Entscheidungen zukommen lassen will. Maßgebend ist sein Wunsch, wen er als Betreuer wünscht. Ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. "Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung.“ Einer Form bedarf es dazu nicht. Grundsätzlich ist die Kommunikation auch nonverbal möglich, allerdings muss man daraus eindeutige Schlussfolgerungen ziehen können."
Die Gesetzesmaterialie...