1. Pfändbarkeit
Rz. 32
Laufende Geldleistungen nach dem SGB (soweit sie nicht gesetzlich unpfändbar oder nur bedingt pfändbar sind) können uneingeschränkt wie Arbeitseinkommen gepfändet werden (§ 54 Abs. 4 SGB I). Sie unterliegen den pauschalierten Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO ohne Abschläge für Minderbedarf.
Rz. 33
Zu den typischen laufenden Geldleistungen gehören z.B.:
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Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, |
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Arbeitslosengeld, |
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Bürgergeld, |
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Ausbildungsförderung nach dem BAföG, |
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Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung, |
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Insolvenzgeld (ab dem 1.1.1999), welches jedoch gem. § 171 SGB III erst nach dem Zeitpunkt der Antragstellung beim Arbeitsamt gepfändet werden kann (eine vor Antragstellung wirksam gewordene Pfändung des Arbeitseinkommens erfasst automatisch auch das danach zu zahlende Insolvenzgeld), |
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Kurzarbeitergeld, §§ 95 ff. SGB III, |
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Übergangsgelder aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung sowie |
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Verletzten- und Hinterbliebenenrenten. |
Rz. 34
Mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz) wird das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) abgelöst und erhält einen neuen Namen (die Überschrift von § 19 SGB II wird von "Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe" ab dem 1.1.2023 geändert in "Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe"). Da das Bürgergeld lediglich eine Namensänderung zum Arbeitslosengeld II darstellt, ändert sich nichts an der Frage der Pfändbarkeit. Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sind wie Arbeitseinkommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 850c ff. ZPO pfändbar. Bürgergeld erhält der erwerbsfähige Leistungsberechtigte zur Sicherung seines Lebensunterhalts, soweit die nach § 19 Abs. 1 S. 3 SGB II hierfür maßgeblichen Bedarfe nicht durch sein zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen gedeckt sind, § 19 Abs. 3 SGB II. Die Verwendung der danach zu gewährenden laufenden Geldleistungen steht zu seiner freien Disposition. Zu Recht führt der BGH aus, dass die Belange des Schuldners es nicht erfordern, seine Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem SGB II der Pfändung generell zu entziehen. Weil solche Ansprüche gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden dürfen, unterliegen sie den Bestimmungen der §§ 850 ff. ZPO. Sie sind, vorbehaltlich der Sonderregelungen in §§ 850d und 850f ZPO, nur in dem durch § 850c ZPO zugelassenen Umfang pfändbar. Die danach zu berücksichtigenden Pfändungsfreigrenzen liegen deutlich über den Beträgen, die der erwerbsfähige Schuldner regelmäßig als Bürgergeld erhält. Vor diesem Hintergrund unterliegen seine sozialhilferechtlichen Bezüge zur Sicherung seines Lebensunterhalts in aller Regel selbst dann nicht der Pfändung, wenn der ihm gemäß § 22 SGB II nach tatsächlich angemessenen Kosten zuzubilligende Bedarf für Unterkunft und Heizung im Einzelfall höher sein sollte, als der in die Pauschbeträge nach § 850c ZPO hierfür eingerechnete Betrag. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass der sozialhilfebedürftige Schuldner in besonders gelagerten Einzelfällen Geldleistungen nach dem SGB II erhält, deren Betrag über den nach § 850c ZPO zu berücksichtigenden Pfändungsfreigrenzen liegt. Für die verbleibenden Fälle, in denen der Schuldner laufende Geldleistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II in einer die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO übersteigenden Höhe erhält, besteht kein verfassungsrechtliches Gebot, diese überschießenden Beträge über den Regelungsbereich des § 54 Abs. 3 SGB I hinaus dem Pfändungszugriff des Gläubigers zu entziehen.
Rz. 35
Nur ausnahmsweise ist die Grundrente eines Schwerkriegsbeschädigten der Pfändung unterworfen.
Rz. 36
Eine wegen eines Arbeitsunfalls in der DDR nach § 23 RentenVO (DDR) seit dem Jahr 1980 gezahlte Unfallrente, welche aufgrund der Überleitungsvorschriften der § 215 Abs. 1, Abs. 6 SGB VII und § 1150 Abs. 2, § 1154 RVO seit dem 1.1.1992 als Verletztenrente i.S.d. gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt wird, kann als laufende Geldleistung wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
Rz. 37
Ist der Schuldner verheiratet und könnte ihm eine Hinterbliebenenrente zustehen, so besteht kein Anlass, derartige Ansprüche aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auszunehmen, weil die Leistung der Hinterbliebenenrente zusätzlich voraussetzt, dass der Ehepartner des Schuldners verstirbt. Nach § 54 Abs. 4 SGB I können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Nach § 832 ZPO erfasst die Pfändung auch die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge. Daher ist Fälligkeit nicht etwa Voraussetzung für die Pfändung einer Forderung. Voraussetzung ist vielmehr lediglich, dass der Rechtsboden der gepfändeten künftigen Forderung geschaffen ist.
Rz. 38
Die Pfändung kann auch wegen eines Anspruchs auf Erstattung von Prozess- un...