Rz. 69

Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist auch das vorhandene und verwertbare[130] Vermögen in zumutbarer Weise zu berücksichtigen. Hierbei verzichtet der Gesetzgeber auf eine eigene Definition des Vermögens[131] und nimmt in § 115 Abs. 3 ZPO auf § 90 SGB XII Bezug, soweit dies dem Prozesskostenhilferecht entspricht.

Zum Vermögen zählen grundsätzlich Bargeld und geldwerte Mittel, ebenso Eigentumsrechte, sonstige Vermögenswerte und Nutzungsrechte. Unter den Vermögensbegriff fallen somit alle Gegenstände (Güter), die nicht zur Bestreitung des gegenwärtigen (Sozialhilfe-)Bedarfs vorgesehen sind.

 

Rz. 70

Im Einzelnen gehören dazu:

Geld- oder Geldeswerte, soweit sie nicht dem Einkommen zuzurechnen sind, d.h. nicht zur laufenden Deckung des Sozialhilfebedarfs verwandt werden müssen (Lottogewinne, Nachlässe, Entschädigungszahlungen, Abfindungen[132] etc.);
sonstige geldwerte Sachen, z.B. bebaute und unbebaute Grundstücke sowie bewegliche Sachen wie Kraftfahrzeuge, Schmuck, Kunstgegenstände, Sammlungen, Pkw der Ober- oder Mittelklasse[133] etc.;
Forderungen und sonstige Rechte, soweit sie nicht Einkommen sind, z.B. Aktien, Wechsel, Bankguthaben, Nießbrauchrechte, Urheberrechte etc. Eine Verwertung von Forderungen scheidet allerdings aus, wenn diese noch nicht tituliert oder realisierbar sind. Dies zu beweisen, ist Sache der Partei.[134]
[130] Dies sind unpfändbare Sachen, unerreichbare Vermögensteile (z.B. Festgelder) sowie Gegenstände, die nicht unbeschränkt der Verfügungsgewalt der Partei unterliegen (BT-Drucks 8/3068, S. 23 f.).
[131] Grundlegend Burgard, NJW 1990, 3240; Groß, § 115 ZPO Rn 37.
[132] Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist Vermögen, BAG AGS 2006, 390 = JurBüro 2006, 486 = MDR 2006, 1416; LAG Kiel NZA-RR 2006, 356. Das Vermögen des Antragstellers ist nach § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO nur einzusetzen, soweit es ihm zumutbar ist. Geht die gezahlte Abfindung über den sozialhilferechtlichen Selbstbehalt nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII hinaus, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich den das Schonvermögen übersteigenden Teil einer Abfindung als Vermögen einsetzen. Die Anordnung eines Vermögenseinsatzes von 10 % des Nennwerts der Abfindung als generelle Höchstgrenze erscheint nicht überzeugend nachvollziehbar (BAG, Beschl. v. 22.12.2003–2 AZB 23/03, RVG-Report 2004, 196–197).

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