Rz. 199

Durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) vom 17.12.2008[387] wurde zum 1.9.2009 das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, kurz auch Familienverfahrensgesetz (FamFG), eingeführt. Das FamFG ersetzt insbesondere das FGG und Teile der ZPO, soweit diese familienrechtliche Verfahren (wie Vaterschaftsfeststellung, Unterhalt oder Adoptionsangelegenheiten) regeln. Daneben sind im Rahmen dieser umfangreichen Reform mehr als 100 weitere Gesetze geändert worden. Ziel war die Neuordnung des familiengerichtlichen Verfahrens, das den praktischen Bedürfnissen der Verfahrensbeteiligten gerecht werden und nach Inhalt, Aufbau und Sprache auch für den interessierten Laien verständlich sein soll sowie die Beseitigung des Dualismus zwischen ZPO und FGG. Wesentliche und hervorzuhebende Änderung ist die Einführung des sog. großen Familiengerichts bei den Amtsgerichten. Die Aufgaben des Familiengerichts, die eine Abteilung des Amtsgerichts sind gem. § 23b Abs. 1 S. 1 GVG, sind hierdurch wesentlich erweitert worden. Hinzu gekommen sind die Aufgaben des nunmehr im Rahmen der Reform abgeschafften Vormundschaftsgerichts und die der Zivilgerichte übertragenen Aufgaben. Daher sind die Familiengerichte nun zuständig für alle aus der Ehe herrührenden Streitigkeiten, für Vormundschaften und Adoptionsverfahren. Die übrigen Aufgaben des Vormundschaftsgerichts, die nicht vom Familiengericht wahrgenommen werden, sind auf das neu geschaffene Betreuungsgericht, § 23c Abs. 1 GVG übertragen worden.

 

Rz. 200

Die Prozesskostenhilfe wird in den Verfahren nach dem FamFG teils durch den Begriff Verfahrenskostenhilfe (VKH) ersetzt, § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG. Dies entspricht dem Sprachgebrauch des FamFG.

Die VKH ist in den Vorschriften §§ 7678 FamFG geregelt. Sie nimmt im Wesentlichen in § 76 Abs. 1 FamFG Bezug auf die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO. Dies bedeutet, dass für die VKH überwiegend die Vorschriften der Prozesskostenhilfe Anwendung finden, sofern in den vorgenannten Vorschriften §§ 7678 FamFG keine abweichende Regelung getroffen wurde. Ebenso kann hier im gleichen Rahmen auch die Literatur und Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe herangezogen werden. Im Übrigen sind die §§ 114 ff. ZPO so umzugestalten, dass sie ohne Systembruch den allgemeinen Vorschriften des FamFG entsprechen.[388]

 

Rz. 201

Bezüglich des persönlichen Anwendungsbereichs der VKH kann dieser durch die Vorschrift über die Beteiligten § 7 FamFG genauer bestimmt werden. Demnach können alle Beteiligten, egal ob sog. Muss- oder Kann-Beteiligte, gem. § 7 Abs. 1–4 Verfahrenskostenhilfe erhalten. Ebenso können Parteien kraft Amtes § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 116 ZPO, VKH erhalten.

Keine Verfahrenskostenhilfe können dagegen Zeugen, Personen, die nur anzuhören sind oder Auskunft möchten, erhalten.

Bezüglich des sachlichen Anwendungsbereichs kann die VKH für sämtliche, die dem FamFG unterliegenden Verfahren gewährt werden.

Die Verfahrenskostenhilfe kann u.a. gewährt werden für:

Antragsverfahren § 23 FamFG
Amtsverfahren § 24 FamFG
einstweilige Anordnung gem. §§ 49 ff. FamFG[389]
Beschwerde/Rechtsbeschwerdeverfahren § 165 FamFG
Vermittlungsverfahren § 165 FamFG[390]
Zwangsvollstreckungsverfahren, § 77 Abs. 2 i.V.m. § 86 ff. FamFG[391]
nur für den Abschluss eines Vergleiches im Verfahrenskostenhilfeverfahren[392]
für Vergleichsverhandlungen, wenn schwierige Tat- oder Rechtsfragen zu erörtern sind.[393]

Im Antragsverfahren ist die Rechtsbeeinträchtigung für Antragsteller sowie Antragsgegner schon automatisch gegeben. In einem Amtsverfahren muss dies stets gesondert geprüft werden.

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