Rz. 122

Es bleibt immer noch umstritten, unter welchen Voraussetzungen den Beteiligten bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung wird die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Zwangsvollstreckungsverfahren teils nach objektiven, teils nach subjektiven Merkmalen bemessen, wobei keine allgemeinen Aussagen getroffen werden können und stets auf den Einzelfall abgestellt wird. Gefordert wird das Bestehen eines sachlichen und persönlichen Bedürfnisses nach anwaltlicher Unterstützung.[263] Maßgebend sind Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache[264] sowie die Fähigkeit des Antragstellers, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken.[265]

 

Rz. 123

Nach § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO wird einer Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Rechtsanwälte zwar nicht vorgeschrieben ist, jedoch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten wird (Grundsatz der "Waffengleichheit"). Ist der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten, so treten auch im Zwangsvollstreckungsverfahren keine Probleme bei der Beiordnung auf. Ist dies allerdings nicht der Fall, ist stets eine Erforderlichkeit zu prüfen. Hierbei spielen sowohl objektive als auch subjektive Merkmale eine Rolle, wobei allerdings keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden können und stets auf den Einzelfall abzustellen ist.

Gefordert wird im Allgemeinen das Bestehen eines sachlichen und persönlichen Bedürfnisses nach anwaltlicher Unterstützung.[266] Maßgebend sind hierbei Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache[267] sowie die Fähigkeit des Antragstellers, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken.[268] Im Erkenntnisverfahren wird nach weit verbreiteter Auffassung das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO umgekehrt und es soll der Grundsatz gelten, dass der Partei in der Regel ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, es sei denn, dass der Einzelfall so einfach und der Antragsteller so geschäftsgewandt ist, dass anwaltliche Unterstützung entbehrlich erscheint.[269]

 

Rz. 124

Was das Verfahren der Zwangsvollstreckung betrifft, hat sich in der Rechtsprechung eine recht umfangreiche Kasuistik herausgebildet. Teils unter Abwägung der o.a. allgemeinen Kriterien wurde die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts bejaht:

Für die Vollstreckung aus Unterhaltstiteln:[270]

Bei einer Unterhaltsvollstreckung (hier: Kindesunterhalt) ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich erscheint. Die Notwendigkeit der Beiordnung hängt einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab.[271] Nicht entscheidend ist hierbei, dass bei der Vollstreckung aus Unterhaltstiteln erfahrungsgemäß in vielen Fällen tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auftreten, für deren Bewältigung der Gläubiger anwaltlicher Hilfe bedarf.[272]

Bei einfacher Berechnung der Unterhaltsrückstände kann diese zumindest mit der Unterstützung der Rechtsantragstelle oder vom der Gläubiger selbst vorgenommen werden. Allerdings darf die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es bestehe die Möglichkeit, die Beistandschaft des Jugendamtes zu beantragen,[273] wobei einige Familiengerichte noch immer diese Argumentation anführen.

Für die Vollstreckung in Bankkonten:[274]

Dem Schuldner ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Auch ist ihm ein Rechtsanwalt beizuordnen, sofern auch der Gegner anwaltlich vertreten ist.[275]

Für die Taschenpfändung,[276]
bei kombiniertem Sachpfändungsauftrag (z.B. bei einer Austauschpfändung),[277]
bei einfachem Sachpfändungsauftrag,[278]
bei Rechtsmittelverfahren jeglicher Art,[279]
bei rechtlichen Schwierigkeiten im Laufe eines Vollstreckungsverfahrens,[280] etwa Erinnerungen, Einstellungs- oder Schutzanträge,[281] – hier ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch im Insolvenzverfahren mit Wirkung zugunsten des Schuldners denkbar,
im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Mobiliarzwangsvollstreckung ist es erforderlich, einem Ausländer mit mangelhaften Deutschkenntnissen einen Rechtsanwalt beizuordnen, der dessen Muttersprache beherrscht,[282]
die vom Schuldner im Zwangsversteigerungsverfahren beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts setzt voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Erfolgsaussicht lässt sich nur beurteilen, wenn der Schuldner darlegt, gegen welche vollstreckungsgerichtliche Maßnahme er sich im Einzelnen wenden oder wie er sich sonst konkret am Verfahren beteiligen möchte; die pauschale Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren insgesamt kommt bei der Immobiliarvollstreckung nicht in Betracht;[28...

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