Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 51
Zunächst ist festzustellen, ob eine Änderungskündigung oder (nur) eine Maßnahme des Direktionsrechts vorliegt. Stellen die mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsbedingungen in Wirklichkeit keine Änderung des Vertragsinhalts dar, weil sie sich im Wege des Direktionsrechts durchsetzen lassen (§ 106 S. 1 GewO), ist eine Änderungskündigung überflüssig.
Für die Änderungskündigung ist kennzeichnend, dass sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses enthält. Folglich muss der Arbeitgeber bei ihrem Ausspruch die Kündigungsfrist einhalten, den Betriebsrat beteiligen und den Sonderkündigungsschutz beachten. Erteilt der Arbeitgeber vorrangig eine Weisung (z.B. Versetzung an einen anderen Arbeitsort) und spricht nur vorsorglich eine Änderungskündigung aus, steht diese unter der auflösenden Bedingung, dass es zu der beabsichtigten Veränderung keiner Vertragsänderung bedurfte. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer mit dem Hauptantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO die Feststellung verfolgen, er sei nicht verpflichtet, der Weisung Folge zu leisten und nach "vorsorglicher" Vorbehaltsannahme einen Änderungsschutzantrag gemäß § 4 S. 2 KSchG als auflösend bedingten Hilfsantrag stellen, für den Fall, dass das Gericht der Ansicht sein sollte, es habe für die Weisung des Arbeitgebers keiner Vertragsänderung bedurft.
Formulierungsbeispiel
1. |
Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, der Weisung der Beklagten vom (…) nachzukommen. |
2. |
Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1: Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der vorsorglichen Änderungskündigung vom (…) rechtunwirksam ist. |
Auf eine Änderungskündigung kann der Arbeitnehmer auf dreierlei Weise reagieren:
Bei vorbehaltloser Annahme des Änderungsangebots wird der Arbeitsvertrag geändert, und es gelten nach Ablauf der Kündigungsfrist die neuen Arbeitsbedingungen.
Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot des Arbeitgebers ablehnen. Dann bleibt ihm nur die Möglichkeit, gegen die in der Änderungskündigung enthaltene Kündigung Kündigungsschutzklage mit dem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG zu erheben (vgl. hierzu Rdn 7, 36), anderenfalls endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. In diesem Rechtsstreit geht es also um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Prüfungsmaßstab ist die Wirksamkeit der mit der Änderungskündigung beabsichtigten Änderung der Arbeitsbedingungen.
Schließlich kann der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, § 2 S. 1 KSchG. Auf diese Weise begrenzt er sein Prozessrisiko. Denn im Falle des Unterliegens im Kündigungsschutzprozess verliert der Arbeitnehmer nicht seinen Arbeitsplatz, sondern kann zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterarbeiten (siehe auch Rdn 50). Streitgegenstand der Änderungsschutzklage i.S.v. § 4 S. 2 KSchG (zum Antrag siehe das Muster unter Rdn 50) ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen. Die Formulierung aus dem Muster sollte verwendet werden, auch wenn das BAG es zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 7 KSchG als ausreichend ansieht, wenn innerhalb der Klagefrist ein Antrag nach § 4 S. 1 KSchG gestellt und der Antrag später auf einen nach § 4 S. 2 KSchG umgestellt wird. Erläutert werden im Folgenden nur die Besonderheiten gegenüber der Kündigungsschutzklage. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen der Muster zur einfachen Kündigungsschutzklage und zur Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsantrag verwiesen (siehe Rdn 7, 36).