Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 359
Hat der Arbeitgeber bei der Anhörung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG formelle Fehler begangen (Beispiele: entgegen § 93 BetrVG erfolgte keine Ausschreibung der offenen Position; Verstoß gegen die Prüfungspflicht gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX; die Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG war nicht ausreichend), so kann er diese während des laufenden Gerichtsverfahrens beheben. Er schreibt im Nachhinein die Stelle aus oder kommt seiner Prüfungspflicht zugunsten schwerbehinderter Personen nach und wählt wieder die gleiche Person für die betreffende Maßnahme aus. Damit kommt es zu einem weiteren Zustimmungsersetzungsverfahren und zu einem weiteren Streitgegenstand.
Eine unzureichende Unterrichtung kann auch durch Schriftsatzvortrag ersetzt werden. Allerdings muss der Arbeitgeber in diesem Fall darauf hinweisen, dass er mit seinem Schriftsatzvortrag die unvollständige Unterrichtung vervollständigen will; dies kann auch konkludent geschehen. Die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG beginnt dann aber noch nicht bei Eingang des Schriftsatzes beim Verfahrensbevollmächtigten, sondern erst bei Eingang beim Betriebsrat. Aus Gründen der Rechtsklarheit erscheint es sinnvoll, eine weitere vollständige Anhörung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG außerhalb des Gerichtsverfahrens durchzuführen und diese dann in dem laufenden Gerichtsverfahren zur Begründung des Antrags zu nutzen.
Ist der Betriebsrat nunmehr mit der personellen Maßnahme einverstanden, findet die Sache ihr Ende. Das laufende Verfahren wird für erledigt erklärt (siehe dazu unten Rdn 370 f.), die Maßnahme kann endgültig durchgeführt werden. Verweigert der Betriebsrat aber die Zustimmung nach der zweiten Anhörung erneut, so hat der Arbeitgeber folgende prozessuale Möglichkeiten:
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Er kann im laufenden Zustimmungsverfahren seinen Antrag hilfsweise auch auf die neue Anhörung stützen. Das stellt eine zulässige Antragserweiterung dar. Neue Entscheidungen des BAG könnten allerdings so verstanden werden, dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall vom ursprünglichen Antrag auf Zustimmungsersetzung Abstand nehmen müsse. Das kann aber auch im laufenden Verfahren bewerkstelligt werden, indem der Arbeitgeber den ursprünglichen Antrag für erledigt erklärt und gleichzeitig einen neuen Antrag des gleichen Inhalts stellt. |
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Er kann das laufende Zustimmungsersetzungsverfahren für erledigt erklären und beenden sowie beim Arbeitsgericht ein neues Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten, welches er auf die neue Anhörung stützt. |
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Er kann das laufende Zustimmungsersetzungsverfahren aufgrund der ersten Anhörung fortführen und ein neues Zustimmungsersetzungsverfahren aufgrund der zweiten Anhörung einleiten. In diesen Fällen sind allerdings beide Verfahren nach § 147 ZPO zu verbinden oder das nachfolgende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des ersten Verfahrens nach § 148 ZPO auszusetzen. |
Die letztgenannte Möglichkeit ist kompliziert, von ihr sollte der Arbeitgeber zugunsten der beiden erstgenannten Möglichkeiten absehen. Auf diese Art erreicht der Arbeitgeber, dass er die personelle Maßnahme trotz anfänglich begangener formeller Fehler endgültig aufrechterhalten kann, notfalls auch nach mehreren hintereinander geschalteten Anhörungen nach § 99 Abs. 1 BetrVG.