Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 710
Antragsberechtigt sind diejenigen, welche die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Wahl geltend machen können. Handelt es sich um einen Fehler, welcher zur Anfechtbarkeit der Wahl führen würde (§ 19 BetrVG), so können mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft den Antrag auf einstweilige Verfügung stellen. Die Nichtigkeit der anstehenden Wahl kann darüber hinaus jeder Arbeitnehmer des Betriebs im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen.
Geht es um Verstöße gegen das aktive und passive Wahlrecht eines Arbeitnehmers, so kann auch dieser alleine mittels einer einstweiligen Verfügung vorgehen. Der Verstoß beeinträchtigt nämlich seine individuelle Rechtsposition. Allerdings muss er zuvor den Rechtsweg der WO ausgeschöpft, also einen schriftlichen Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt haben (§ 4 Abs. 1 WO).
Antragsgegner ist der Wahlvorstand. Beizuladen sind der Arbeitgeber und der amtierende Betriebsrat (§ 83 Abs. 3 ArbGG).
Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk der Betrieb liegt (§ 82 Abs. 1 S. 1 ArbGG). Der Antrag ist im betriebsverfassungsrechtlichen Beschlussverfahren zu stellen (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 1 ArbGG).
Der (hilfsweise) Antrag auf Abbruch der Wahl ist als Unterlassungsantrag und weiter hilfsweise als Gestaltungsantrag zu fassen.
In aller Regel entscheidet das Arbeitsgericht nach mündlicher Anhörung der Beteiligten. Wegen der großen Eilbedürftigkeit kann aber auch der Antrag gestellt werden, dass die einstweilige Verfügung ohne eine solche Anhörung ergeht. Es sollte auch immer der prozessuale Antrag auf Abkürzung der Einlassungsfristen gestellt werden (§§ 47 Abs. 1 ArbGG, 224 Abs. 2 ZPO).
Eine einstweilige Verfügung kann nur bis zum Abschluss der Wahl beantragt werden. Danach hilft tatsächlich nur noch das Wahlanfechtungsverfahren oder eine Nichtigkeitsklage.
Bei der Berechnung des Streitwerts gibt es unterschiedliche Argumentationsmöglichkeiten, je nachdem, welche Seite und welches Interesse der Anwalt vertritt: Entweder man stellt von vornherein auf den Auffangwert des § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG ab. Dann würde jeder Antrag – ob gerichtet auf korrigierende Maßnahme oder Abbruch der Wahl – mit 5.000 EUR berechnet.
Oder man staffelt nach der Anzahl der (künftigen Betriebsratsmitglieder). Eine Methode besteht darin, für ein Betriebsratsmitglied das Eineinhalbfache des Auffangwerts anzusetzen (= 6.000 EUR, inzwischen 7.500 EUR) und für jedes weitere BR-Mitglied die Hälfte des Auffangwerts (= 2.000 EUR, inzwischen 2.500 EUR). Eine andere Berechnungsweise besteht darin, vom Zweifachen oder Dreifachen des Auffangwertes auszugehen und für jede Stufe der Staffelung des § 9 BetrVG eine weitere Hälfte des Auffangwertes hinzuzufügen. Ob von dem ermittelten Wert – weil es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt – noch ein Abschlag zu machen ist, ist umstritten.
Nach dem unverbindlichen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte gilt folgendes: Maßnahmen innerhalb des Wahlverfahrens (incl. einstweilige Verfügungen, z.B.: Abbruch der Wahl) sind mit der 1/2 des Wertes der Wahlanfechtung anzusetzen (II. 2.2). Bei der Wahlanfechtung ist zunächst vom doppelten Hilfswert nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 RVG auszugehen; es erfolgt eine Steigerung nach der Staffel gemäß § 9 BetrVG BetrVG mit jeweils der 1/2 des Hilfswerts (II.2.3).