Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 21
Wie der Antrag zu formulieren ist, ergibt sich aus § 4 S. 1 KSchG (siehe Muster Rdn 7). Das BAG geht vom sog. erweiterten punktuellen Streitgegenstand aus. Auf Grundlage des Antrags prüft das Gericht, ob zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und ob bis zu dem mit dieser Kündigung beabsichtigten Auflösungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis noch bestanden hat und nicht durch irgendeinen während der Kündigungsfrist eingetretenen Umstand oder ein Ereignis aufgelöst worden ist. Danach ist die Klage unbegründet, wenn es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt, sondern um ein sonstiges Rechtsverhältnis, etwa einen Dienstvertrag. Unbegründet ist die Klage auch, wenn das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung bereits aufgrund anderer Beendigungstatbestände (Befristung, vorgreifliche Kündigung) aufgelöst war oder vor dem mit der Kündigung angestrebten Auflösungstermin geendet hat.
Der Kläger muss einen bestimmten Antrag stellen. Auch wenn die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen nicht hoch sind und unklare Anträge ausgelegt werden können, muss der Antrag doch erkennen lassen, gegen welche Kündigung sich die Klage richtet. Das gilt immer, wenn der Arbeitgeber mehrere Kündigungen ausgesprochen hat. Bei mehreren schriftlichen Kündigungen ist der Arbeitnehmer wegen § 4 S. 1 KSchG gezwungen, jede einzelne Kündigung, selbst wenn sie jeweils nur vorsorglich oder hilfsweise erfolgt, innerhalb der Frist des § 4 KSchG gerichtlich anzugreifen, um die Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu vermeiden (siehe Rdn 9). Ist nur eine Kündigung erklärt worden, wird diese ohne Weiteres Streitgegenstand, selbst wenn der Kläger in seiner Klage ein falsches Datum für die Kündigung angegeben hat. Im Antrag muss die Kündigung weder als außerordentliche noch als ordentliche bezeichnet werden.
Hat der Arbeitgeber neben der außerordentlichen Kündigung hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, ist es ratsam, beide Kündigungen im Antrag anzugreifen, um Auslegungszweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. Entsprechendes gilt, wenn eine Umdeutung der unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung in Betracht kommt (§ 140 BGB). Denn auch hier liegen zwei Kündigungserklärungen vor und der Arbeitnehmer wird regelmäßig den gänzlich ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend machen wollen.
Ist von zwei Kündigungen auszugehen, könnte der Antrag lauten:
Formulierungsbeispiel
1. |
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom (…) nicht aufgelöst ist. |
2. |
Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch ordentliche Kündigung vom (…) nicht aufgelöst ist/wird. |
Rz. 22
Die Kündigungsschutzklage muss unbedingt erhoben werden. Die nur bedingt erhobene Klage wahrt die Frist des § 4 KSchG nicht. Das betrifft in der Praxis Prozesskostenhilfeanträge, denen nur der Entwurf einer Klagschrift beigefügt ist und wo die Klage erkennbar nur für den Fall erhoben werden soll, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird. Von der bedingten Klageerhebung ist die unbedingte, aber vorsorgliche Klageerhebung zu unterscheiden, die die Drei-Wochen-Frist wahren kann. So kann der Arbeitnehmer, der Zahlungsansprüche verfolgt, vorsorglich für den Fall, dass eine Kündigung erklärt worden sein sollte, einen Antrag nach § 4 KSchG stellen.