Rz. 75
Eine Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO nur zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (Feststellungsinteresse) besteht (§ 2 Rdn 1180 ff.). Ein solches Interesse ist gegeben, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Das Feststellungsinteresse muss als Prozessvoraussetzung grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Die später gewonnene Erkenntnis, dass Folgeschäden nicht mehr zu gewärtigen sind, führt nicht zur rückwirkenden Unzulässigkeit der Feststellungsklage. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
Rz. 76
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfen.
Rz. 77
In Fällen, in denen es um erst künftig erwachsende reine Vermögensschäden geht, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage grundsätzlich von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab. Grund dafür ist der Schutz des möglichen Schädigers, dem nicht ein Rechtsstreit über gedachte Fragen aufgezwungen werden soll, von denen ungewiss ist, ob sie jemals praktische Bedeutung erlangen könnten. Dies betrifft indes Fälle, in denen es ausschließlich um befürchtete künftige Vermögensschäden geht, eine Leistungsklage also noch gar nicht in Betracht kommt. Sie betrifft nicht Fälle, in denen ein Vermögens(teil)schaden bereits entstanden ist und der Eintritt weiterer Vermögensschäden im Rahmen der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung erwartet wird. In diesen Fällen genügt die Möglichkeit eines künftigen weiteren Schadenseintritts für die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Der Kläger trägt als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt; dazu muss aber nicht dargelegt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vermögensdifferenz besteht. Der Umfang der erforderlichen Darlegungen richtet sich auch danach, was einer Partei unter Berücksichtigung der Einlassung des Gegners an näheren Angaben möglich und zumutbar ist.
Rz. 78
Die Klage auf Feststellung der Haftung für weitere (auch immaterielle) Unfallschäden ist zulässig, wenn aus der Sicht des Verletzten bei verständiger Würdigung Grund besteht, mit Spätfolgen zu rechnen und um derentwillen einer Verjährungseinrede vorzubeugen. Bei reinen Vermögensschäden hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab; die bei Verletzung eines absoluten Rechts ausreichende Möglichkeit des Eintritts eines Schadens genügt nicht.
Rz. 79
Selbst wenn man für die Zulässigkeit der Feststellungsklage die bloße Möglichkeit eines durch Pflichtverletzung verursachten Schadenseintritts genügen lassen wollte, ist die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines künftigen Schadens "wenigstens zu rechnen".
Rz. 80
Wurde zur Regulierung eines Unfallschadens ein gerichtlicher Vergleich zwischen Schädiger bzw. seinem Versicherer und Geschädigtem geschlossen, in dem eine Haftung anerkannt und eine Haftungsquote vereinbart wurde, kann ein Streit über die mögliche Verjährung der Ansprüche mangels Feststellungsinteresse nicht im Wege der Feststellungsklage ausgetragen werden.
Rz. 81
Die Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung ist eine Frage der Klagebegründetheit.
Rz. 82
Das Feststellungsinteresse ist auch dann gegeben, wenn der Geschädigte "vorerst" nur einen Haftungsanteil geltend macht. Siehe zur Teilklage Rdn 37 ff.
Rz. 83
Das Interesse fehlt hingegen, wenn eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit besteht oder der Ersatzpflichtige adäquate außerprozessuale Erklärungen abgegeben hat (siehe § 2 Rdn 1181, 1185 ff., § 5 Rdn 253).
Rz. 84
Bei einem Wechsel in der Zuständigkeit des SVT erwirbt der neue (spätere) Leistungsträger bei gleichartigen Leistungen den gemäß § 116 SGB X übergegangenen Ersatzanspruch im Wege der Rechtsnachfolge wie bei einer Zession nach §§ 398 ff., 412 BGB. Mit dem Wechsel eines SVT entfällt auch das Feststellungsinteresse hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Ansprüche. Es fehlt hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Aufwendungen an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis. Erfolgt der Wechsel nach Rechtshängigkeit, kann die klagende Rechtsvorgängerin des nunmehr zuständigen SVT den Anspruch weiterhin geltend machen (§§ 265, 325 BGB), muss ...