Rz. 101
Die Zukunftsprognose richtet sich wesentlich an der hypothetischen beruflichen und privaten Entwicklung des Verstorbenen aus, ergänzt um die unterhaltsrechtlich relevanten Veränderungen bei den etwaig vorhandenen weiteren Unterhaltspflichtigen. Gegebenenfalls muss gestuft geklagt und tenoriert werden (Rdn 127 f.).
Rz. 102
Wer nach § 844 Abs. 2 BGB auf Schadenersatz klagt, hat nach § 256 ZPO nur dann ein rechtliches Interesse an einer neben der Leistungsklage zu erhebenden Feststellungsklage, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfange durch den Klageantrag auf Zahlung der Geldrente erfasst wird oder erfasst werden kann.
Rz. 103
Einer Änderung der Verhältnisse, die für die Entscheidung über die Entrichtung der Geldrente maßgebend waren, ist über §§ 323, 323a ZPO Rechnung zu tragen.
Rz. 104
Die Eltern eines unfallbedingt getöteten Kindes können ihre vermeintlichen zukünftigen Unterhaltsansprüche im Wege der Feststellungsklage sichern, wenn der Versicherer keinen ausreichenden Verjährungsverzicht abgibt. Das Feststellungsinteresse für eine Klage entfällt bei urteilsersetzendem Anerkenntnis des Versicherers. Als Grundlage kommt nur ein Ersatzanspruch wegen entzogenen Barunterhaltes, nicht jedoch wegen fortfallender Betreuung in Betracht, da der Anspruch auf Betreuungsunterhalt mit der Volljährigkeit endet (Rdn 107); erwachsenen Unterhaltsberechtigten wird nur ein Ersatzanspruch wegen entzogenen Barunterhaltes geschuldet.
Rz. 105
Für einen künftigen Unterhaltsanspruch des Geschädigten (= spätere Unterhaltspflicht des Getöteten) wird eine gewisse Wahrscheinlichkeit verlangt, insbesondere seine Bedürftigkeit und die künftige Leistungsfähigkeit des Getöteten. Gegenüber Eltern eines getöteten Kindes kommt es nicht auf individuelle Versorgungsabsprachen, sondern allein auf den gesetzlich geschuldeten Unterhalt an. Die gesetzliche Unterhaltspflicht eines getöteten Kindes gegenüber seinen Eltern bestimmt sich zum einen nach deren Unterhaltsbedürftigkeit (§ 1602 BGB), zum zweiten nach der eigenen Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) des getöteten Kindes und zum dritten auch danach, ob neben dem Getöteten noch andere Unterhaltspflichtige (Ehegatte [auch: geschiedener, ] Geschwister) vorhanden sind. Bei Existenz weiterer Unterhaltspflichtiger neben dem Getöteten entfällt die Unterhaltspflicht nur anteilig und nicht gesamtschuldnerisch (§ 1606 Abs. 3 BGB).
Rz. 106
Der Wahrscheinlichkeitsprüfung sind alle im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bekannten Umstände zugrunde zu legen. Die bloß allgemein denkbare Möglichkeit, bedürftig zu werden, reicht nicht aus: Sind die Eltern sozialversichert oder beamtenrechtlich versorgt, sind womöglich auch noch Geschwister des Verstorbenen vorhanden, kann sich mangels ausreichender Wahrscheinlichkeit eine Feststellungsklage als unbegründet herausstellen. Es kann keine isolierte Feststellung dahingehend begehrt werden, dass das getötete Kind später einen bestimmten Berufsweg genommen hätte; es handelt sich dabei nicht um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses (wie von § 256 ZPO gefordert).
Rz. 107
Der Betreuungsschaden tritt nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres neben einen Barunterhaltsanspruch. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres können keine Ansprüche wegen entzogenen Betreuungsunterhaltes (Naturalunterhalt) mehr geltend machen werden.