Rz. 438
Die Rechte der Konzertbesucher gegenüber dem Konzertveranstalter sollen die besondere Stellung der Veranstalter abrunden. Der Konzertbesuchervertrag ist nach ganz überwiegender Auffassung als Werkvertrag zu sehen. Für den Fall der Absage eines Konzertes kommt es gem. § 633 BGB darauf an, ob der Veranstaltung eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Wenn dies so ist, dann hat der Konzertbesucher ohne Rücksicht auf ein mögliches Verschulden des Veranstalters Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages. Der auf dem Plakat angebrachte allgemein gehaltene Vermerk "Änderungen vorbehalten" ändert an diesem Anspruch nichts. Wird auf der Rückseite von Eintrittskarten die Haftung ausgeschlossen, so scheitert die Maßgeblichkeit dieser Vertragsbedingung schon daran, dass der Konzertbesucher diese Bedingungen nicht vor Vertragsabschluss zur Kenntnis nehmen kann (§ 305 Abs. 2 BGB).
Rz. 439
Pflichtverletzungen (früher: Leistungsstörungen) können auf Seiten des Künstlers sowie auf Seiten des Konzertbesuchers auftreten. Solche Fälle sind, wie im allgemeinen Schuldrecht, nach dem Schema: Unmöglichkeit, Verzug und Schlechtleistung (Gewährleistung) zu prüfen. Ob Unmöglichkeit mit der grds. Folge der Leistungsbefreiung eintritt (§ 275 Abs. 1 BGB), hängt entscheidend von den übernommenen Pflichten ab. War das Konzert aus Sicht des Besuchers eine nur zum Konzerttermin zu erbringende Pflicht, so würde es sich um ein absolutes Fixgeschäft handeln. Steht dagegen aus Sicht des Besuchers der Künstler selbst im Vordergrund (etwa bei sehr bekannten Musikern, die sich nach Jahren wieder zusammengefunden haben), so geht es vorrangig um die Musiker (Orchester/Band) selbst. Dann wäre ein relatives Fixgeschäft anzunehmen. In letzterem Fall könnte das Konzert noch (zeitnah) nachgeholt werden. Dagegen tritt im ersteren Fall (absolutes Fixgeschäft) bei Verhinderung des Künstlers zum vorgesehen Termin (sofort) Unmöglichkeit ein. Ein spezieller Fall der "subjektiven" Unmöglichkeit ist in § 275 Abs. 3 BGB geregelt. Geht man von einem absoluten Fixgeschäft des Konzerttermins aus, so ist die Künstlerin sogar dann von der Leistung befreit, wenn diese aus persönlichen Gründen, die nicht in ihrer Person zu liegen brauchen – etwa die Krankheit ihres Kindes – verhindert ist. Bei einem gegenseitigen Geschäft, wie dem Konzertbesuchervertrag (Leistung und Gegenleistung sind untrennbar miteinander verwoben, also künstlerischer Vortrag gegen Eintrittsgeld), kommt § 326 Abs. 1 BGB zur Anwendung, der den Vertragspartner des Verpflichteten von seiner Gegenleistungspflicht befreit. Wurde bereits Eintrittsgeld bezahlt, so hat der Besucher Anspruch auf Rückzahlung (Rückforderungsanspruch gem. § 326 Abs. 4 i.V.m. §§ 346–349 BGB). Bei Verschulden einer Seite besteht der Anspruch auf die Gegenleistung weiter (§ 326 Abs. 2 BGB). Kann der Besucher das Konzert nicht wahrnehmen, weil er zu spät losgefahren ist, so kann er das vorher gezahlte Eintrittsgeld nicht zurückerlangen.
Rz. 440
Fälle des Verzugs sowie der Schlechtleistung sollen nur kurz angesprochen werden. Verzug ist die verspätete Leistung, die grds. zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 BGB). Eine gesetzliche Gewährleistung, wie etwa beim Kaufvertrag, gibt es beim Konzertbesuchervertrag (Werkvertrag oder Dienstvertrag) nicht. Spielt also die Band schlecht, so kann deshalb weder gemindert, noch ein sonstiger Rechtsanspruch geltend gemacht werden. Einzig eine positive Vertragsverletzung (gem. § 280 Abs. 1 BGB) wäre in der Weise denkbar, dass Nebenpflichten (etwa Schutzpflichten) verletzt werden, z.B. die übermäßige Lautstärke führt zu gesundheitlichen Schäden beim Konzertbesucher. Dann besteht (bei schuldhaftem Verhalten, das bei Pflichtverletzung allerdings angenommen wird) Anspruch auf Schadensersatz (gem. § 280 Abs. 1 BGB).