Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 29.03.2021; Aktenzeichen 402 HKO 47/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.03.2021, Aktenzeichen 402 HKO 47/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte kann hierzu binnen 3 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen der kurzfristigen Absage einer Konzertveranstaltung im Jahr 2020.
Die Klägerin ist ein Promotion- und Veranstaltungsunternehmen und veranstaltet jährlich seit 1990 an einem Freitag im 1. Quartal des Jahres die sog. "Magdeburger Rockgala" mit ca. 2500 Gästen. Für die am 28.02.2020 geplante "22. Magdeburger Rockgala" schloss die Klägerin mit der Beklagten, einer Künstleragentur, einen Vertrag, mit welchem sich diese dazu verpflichtete, die Musiker "B. & Band" als Headliner für die Veranstaltung zur Verfügung zu stellen. Wegen der Vertragsbestimmungen wird auf Anlage K1 Bezug genommen.
Am 27.02.2020, einen Tag vor der geplanten Veranstaltung, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass B. nicht auftreten werde, da er wegen des Corona-Virus nicht mehr in ein Flugzeug steige. Daraufhin musste die Klägerin die Rockgala absagen.
Auf die schriftlichen Aufforderungen der Klägerin vom 15.4.2020 und 29.04.2020 zur Mitteilung eines zeitnahen Ersatztermins für die Nachholung des Auftrittes von B. & Band teilte die Beklagte der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 09.06.2020 mit, dass der Künstler im ersten Quartal des Jahres 2021 noch vollständig verfügbar sei. Dies lehnte die Klägerin ab und machte den ihr entstandenen Schaden fruchtlos gegenüber der Beklagten geltend. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.03.2021 hat das Landgericht Hamburg die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 73.859,24 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2020 sowie vorprozessualer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.019,75 Euro verurteilt. Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung aus §§ 631 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB zu, ohne dass es einer Fristsetzung bedurft hätte. Eine solche sei gemäß § 281 Abs. 2, Alt. 2 BGB wegen des Vorliegens besonderer Umstände entbehrlich. Diese lägen darin, dass die Vereinbarung eines Nachholtermins im Frühjahr 2021, wie er von der Beklagten in Aussicht gestellt worden sei, zur Schadensbeseitigung aufgrund des Umstandes, dass dort bereits eine weitere Rockgala geplant sei, nicht in Frage käme. Der Schadensersatzanspruch sei auch nicht vertraglich ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Darin trägt sie vor, die Klägerin habe sich durch die Vereinbarung in Ziff. 15.2 der Vertragsbedingungen zur Nachholung der Veranstaltung im Falle der Absage durch den Künstler vertraglich verpflichtet. Eine Verschiebung der Veranstaltung sei auch ohne weiteres möglich gewesen. Im Jahr 2020 habe eine Nachholung allein aufgrund des pandemiebedingten Veranstaltungsverbots nicht erfolgen können. Dass es hingegen nicht zu einer Verlegung der Rockgala auf das Jahr 2021 gekommen sei, läge allein am fehlenden Willen der Klägerin. Insbesondere hätte der Auftritt auch auf die im Jahr 2021 geplante Rockgala verlegt werden können, da es nicht darauf ankommen könne, ob dies zum Verlust von Einnahmen bei der zweiten Veranstaltung führe. Jedenfalls könne die Klausel nicht so verstanden werden, dass die Klägerin eine Nachholung der Veranstaltung verweigern dürfe und dennoch vollen Schadensersatz einschließlich des entgangenen Gewinns verlangen könne.
Sähe man Ziffer 15.2. der Vertragsbedingungen als nicht einschlägig an, müsse der Vertrag dahingehend angepasst bzw. ausgelegt werden, dass eine Nachholung mangels vertraglicher Regelung im Wege der Vertragsanpassung bzw. ergänzenden Vertragsauslegung geboten sei. Die aufgrund der Corona-Pandemie bestehende schwer einschätzbare Infektionslage stelle einen Fall höherer Gewalt dar. Es sei jedenfalls rückblickend eine verantwortungsvolle Entscheidung gewesen, die Veranstaltung abzusagen.
Schließlich habe das Landgericht verkannt, dass es nicht folgenlos bleiben könne, dass die Klägerin ihre vertragliche Pflicht verletzt habe, indem sie entgegen Ziffer 15.4 der Vertragsbedingungen eine Ausfallversicherung für Fälle höherer Gewalt nicht abgeschlossen habe.
Die Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Auffassung, es handele sich bei den Vertragsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Ziffer 15.2 halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand, wenn diese so zu verstehen sei, dass sich ...