Rz. 72
Bei der Formulierung des Klageantrags ist zu beachten, dass der Anspruch nur auf Unterlassung der Störung und nicht auf das Verbot und Gebot bestimmten Verhaltens gerichtet wird; denn dem Störer muss es grundsätzlich selbst überlassen bleiben, welche Mittel er einsetzt, um den Anspruch zu erfüllen. Nur dann, wenn sich eine unzulässige Störung nur durch Unterlassen des spezifisch beanstandeten Verhaltens abstellen lässt, kann auch direkt dessen Unterlassung verlangt werden. So dürfte es sich bei einem unzulässigen Musizieren (bspw. Klavierspielen, siehe Nr. 2 im nachstehenden Muster) verhalten, obwohl natürlich theoretisch auch in Zimmerlautstärke Klavier gespielt werden kann; sicherheitshalber kann ein auf die Wahrnehmbarkeit in der Klägerwohnung bezogener Hilfsantrag gestellt werden. Bei Ruhestörungen stellt sich das weitere Problem, dass für ihre Beurteilung nicht allein die Lautstärke maßgebend ist und sich die Unterlassungspflicht somit nicht messtechnisch begrenzen lässt. Dabei ist es kaum möglich, das Maß unzulässiger Lärmentfaltung so zu bestimmen, dass der Beeinträchtigte hinreichend geschützt wird und nicht schon eine geringfügige Änderung der Einwirkung trotz einer fortdauernden nicht zu duldenden Belästigung das Verbot hinfällig macht. Deshalb kann der Antrag sich auf die Unterlassung allgemein beschriebener Störungen bestimmter Art beschränken. Dass sich bei einem in dieser Weise allgemein gehaltenen und an den Gesetzeswortlaut angelehnten Titel der Streit über die Wesentlichkeit von Lärmimmissionen ggf. in das Vollstreckungsverfahren verschiebt, ist hinzunehmen. Über die Gründe des Unterlassungstitels erhält das Vollstreckungsgericht Anhaltspunkte dafür, von welchem Maßstab sich das Prozessgericht leiten ließ.
Rz. 73
Muster 3.5: Klageantrag auf Unterlassung von Ruhestörungen
Muster 3.5: Klageantrag auf Unterlassung von Ruhestörungen
1. Der Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen, sein Wohnungseigentum Nr. 5 in einer Weise zu gebrauchen, dass dadurch den Nutzern der anderen Wohnungen im Haus der Klägerin über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst, insbesondere durch Geräuschentwicklung wie Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln, Möbelrücken, Türenknallen.
Oder: Der Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen, in seinem Wohnungseigentum Nr. 5 in den Ruhezeiten (zwischen 12 und 14 Uhr und zwischen 20 und 8 Uhr) und außerhalb der Ruhezeiten länger als 1 ½ Stunden täglich Klavier zu spielen.
Hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen es zu unterlassen, in seinem Wohnungseigentum Nr. 5 in den Ruhezeiten (zwischen 12 und 14 Uhr und zwischen 20 und 8 Uhr) und außerhalb der Ruhezeiten länger als 1 ½ Stunden täglich in einer Weise Klavier zu spielen, dass es in der Wohnung des Klägers vernehmbar ist.
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.
Rz. 74
Die Androhung eines Ordnungsgelds erfolgt üblicherweise bereits im Unterlassungsurteil, weshalb das vorstehende Muster unter Nr. 2 einen entsprechenden Antrag beinhaltet. Man kann die Ordnungsmittel aber auch nachträglich durch Beschluss androhen lassen. Weil § 890 ZPO ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten ermöglicht, wird üblicherweise eine entsprechende Androhung beantragt und ausgeurteilt. Dass ein derart hohes Ordnungsgeld angedroht wird, sorgt (bei juristischen Laien) oft für Überraschung und Unverständnis, weil der Eindruck entstehen kann, bei einer Zuwiderhandlung müsse dieser Betrag gezahlt werden. Dabei wird die Bedeutung der zwei Worte "bis zu" übersehen. Es handelt sich nämlich nur um den theoretisch möglichen Maximalbetrag eines Ordnungsgelds. In der Praxis werden Ordnungsgelder in viel geringerer Höhe festgesetzt (dazu nachfolgend).
Rz. 75
Wird gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen, erfolgt die Zwangsvollstreckung gem. § 890 ZPO durch Beantragung und Festsetzung eines Ordnungsgelds, dessen Zweck grundsätzlich die Festsetzung empfindlich hoher Beträge erfordert. Der Ordnungsgeldantrag sollte die Höhe des Ordnungsgelds in das Ermessen des Gerichts stellen, denn bei einem Antrag auf Festsetzung in bestimmter Höhe droht eine Teilabweisung mit entsprechender Kostenpflicht. Ein Streitwert für das Ordnungsgeldverfahren ist nicht vom Amts wegen festzusetzen, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert richten, sondern eine Festgebühr (22 EUR gem. Nr. 2111 GKG-KV) anfällt. Wird trotzdem ein Gebührenstreitwert festgesetzt, ist dagegen die Beschwerde statthaft. Auf Antrag eines beteiligten Rechtsanwalts ist gem. § 33 Abs. 1 RVG der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen; er entspricht gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG dem Wert des Unterlassungsanspruchs (also des Hauptsacheverfahrens). Wenn der Gläubiger das vom Gericht festgesetzte Ordnungsgeld für zu niedrig häl...