Rz. 82
Für Unterlassungsansprüche gilt theoretisch die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Verwalters muss sich die Gemeinschaft analog § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (→ § 10 Rdn 15). Praktisch verjähren Unterlassungsansprüche aber nicht: Denn bei Dauerverstößen wie z.B. einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung, entsteht der Unterlassungsanspruch mit jeder Zuwiderhandlung erneut bzw. liegt der Verstoß nicht im Beginn, sondern in der Fortdauer der unzulässigen Nutzung. Liegt kein Dauerverstoß vor, sondern wechselnde Verstöße, kommt Verjährung gerade deshalb nicht in Betracht, weil jeder Verstoß den Unterlassungsanspruch begründet.
Rz. 83
Wie jedem Anspruch kann auch dem Anspruch auf Unterlassung einer Störung im Einzelfall der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden; allerdings nur in den seltensten Fällen mit Erfolg. Voraussetzung ist das Verstreichen einer längeren Zeit (Zeitmoment) und das Hinzutreten besonderer Umstände, die die verspätete Geltendmachung des Anspruchs als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (Umstandsmoment). Der zur Unterlassung Verpflichtete muss sich aufgrund des gesamten Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen; eine wesentliche Änderung (bspw. die Erweiterung einer unzulässig betriebenen Gaststätte um eine Außenterrasse) stellt allerdings eine Zäsur mit der Folge ganz neuer Beurteilung dar. Die einmal eingetretene Verwirkung eines Rechts muss ein der Eigentümergemeinschaft später beigetretener Rechtsnachfolger des oder der (ehemals) Anspruchsberechtigten gegen sich gelten lassen.
Rz. 84
Der von einem Störer häufig vorgebrachte Einwand der Ungleichbehandlung (konkret: andere Miteigentümer würden ihrerseits gegen diese oder jene Rechtspflicht verstoßen) ist unbeachtlich. Es gibt keinen Grundsatz, wonach nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat. Eine "Aufrechnung" unzulässiger Nutzungen findet nicht statt ("keine Gleichheit im Unrecht"). Allerdings muss sich die Gemeinschaft am Gleichbehandlungsgrundsatz orientieren, wenn das Vorgehen gegen Miteigentümer beschlossen wird (→ § 4 Rdn 142). Insofern spielt die Gleichbehandlung zwar eine Rolle bei der Frage, ob der Beschluss, gegen einen Miteigentümer vorzugehen, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht; ist der Beschluss aber gefasst, kann (solange er nicht gerichtlich für ungültig erklärt wird) seiner Durchsetzung nicht der Gleichheitsgrundsatz entgegen gehalten werden. Auch das Argument (Einrede), es bestehe ein Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung (in dem Sinne, dass eine streitige Nutzung anschließend zulässig wäre), zieht nicht: Solange die Gemeinschaftsordnung nicht geändert ist, gilt sie (→ § 2 Rdn 111).