Rz. 266

§ 79 Abs. 1 OWiG regelt, wann eine Rechtsbeschwerde ohne besondere Zulassung zulässig ist (Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 1249 ff.).

 

Rz. 267

Im Einzelnen gilt:

Nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG ist die Rechtsbeschwerde ohne besondere Zulassung dann zulässig, wenn eine Geldbuße von mehr als 250,00 EUR festgesetzt worden ist. Wird eine Geldbuße vom Gericht exakt so bemessen, um hierdurch eine Rechtsbeschwerde zu ermöglichen, ist die Strafzumessung fehlerhaft und die Sache deshalb zur Neufestsetzung zurückzuverweisen (OLG Frankfurt am Main, VRS 51, 291).
Bei der Anordnung einer Nebenfolge (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG) kommt es darauf an, ob sie vermögensrechtlicher Natur ist; in diesem Fall muss ihr Wert auf mehr als 250,00 EUR festgesetzt worden sein (Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 1211 ff.). Für das Verkehrsrecht sind die Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art von Bedeutung, die stets eine Rechtsbeschwerde ermöglichen, da diese Eingriffe für den Betroffenen meist von erheblicher Bedeutung sind und regelmäßig nur bei gravierenden Ordnungswidrigkeiten angeordnet werden. Hierzu zählt vornehmlich das Fahrverbot nach § 25 StVG, nicht hingegen die Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG (OLG Hamm, VRS 92, 345 = DAR 1997, 29; VRS 94, 127 = DAR 1997, 410).
Die Wertgrenze für eine Rechtsbeschwerde der StA zuungunsten des Betroffenen liegt aus Gründen der Waffengleichheit deutlich über dem in § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG ausgewiesenen Betrag. Bei einem Freispruch oder einer Verfahrenseinstellung ist nur dann Rechtsbeschwerde möglich, wenn wegen der abgeurteilten Tat eine Geldbuße von mehr als 600,00 EUR beantragt oder im Bußgeldbescheid festgesetzt worden war (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG). Beim Absehen vom Fahrverbot muss dieses im Bußgeldbescheid verhängt oder von der StA beantragt worden sein.
Wird der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen, ist die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 OWiG stets zulässig; gegen einen Verwerfungsbeschluss ist dagegen die sofortige Beschwerde nach § 70 Abs. 2 OWiG statthaft. Eine entsprechende Anwendung von § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 OWiG auf die Fälle einer Verwerfung durch Urteil wegen unentschuldigten Ausbleibens des Betroffenen (§ 74 Abs. 2 OWiG) ist nicht möglich (OLG Düsseldorf, NJW 1988, 1681). Vielmehr sieht § 74 Abs. 4 OWiG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie bei einer Fristversäumnis vor.
Schließlich ist das Rechtsmittel nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG dann eröffnet, wenn durch Beschluss nach § 72 OWiG entschieden wurde, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte. In diesem Fall kommt es gleichfalls nicht auf den Wert der Nebenfolge oder die Höhe der Geldbuße an, da die Verfahrensbeteiligten in jedem Fall Anspruch auf eine mündliche Verhandlung haben (OLG Düsseldorf, DAR 1999, 129).

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