Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Rz. 161
Der BGH hat in seinem Beschl. v. 3.4.2001 (BGHSt 46, 358 = NJW 2001, 1952 = NZV 2001, 267 = DAR 2001, 275) für die Verwertbarkeit auf die Erforderlichkeit der Einhaltung des vorgegebenen Messverfahrens hingewiesen (dazu § 2 Rdn 116 f.) Erforderlich für eine Verwendung des Messergebnisses ist, dass zwischen Trinkende und Messbeginn eine Wartezeit von mindestens 20 Minuten eingehalten worden (BGHSt 46, 358 = NJW 2001, 1952 = NZV 2001, 267 = DAR 2001, 275, BayObLG, NJW 2003, 1752 = DAR 2003, 232; OLG Dresden, NStZ 2004, 352 m.w.N. aus der Rspr.; OLG Karlsruhe, NJW 2006, 1988 = VA 2006, 140 [Ls.]; dazu eingehend Iffland, NZV 2004, 433; DAR 2005, 198 [Wartezeit von 60 Minuten; noch § 2 Rdn 119 ff.) und die Messung in zwei Doppelmessungen in einem Abstand von höchstens 5 Minuten erfolgt. Außerdem muss eine Kontrollzeit von 10 Minuten, die in der Wartezeit von 20 Minuten enthalten sein kann, eingehalten werden, in der der Betroffene keine anderen Substanzen zu sich genommen haben darf. Inzwischen plädiert Iffland für eine Verlängerung der Wartezeit auf 30 Minuten (vgl. Iffland NZV 2004, 433 m.w.N. und dazu Slemeyer NZV 2004, 615). Das OLG Bamberg geht aber davon aus, dass eine Wartezeit von 20 Minuten ausreichend ist (OLG Bamberg, DAR 2010, 143).
Rz. 162
Die obergerichtliche Rechtsprechung ist in der Frage der Folgen, wenn bei einer Messung diese Fristen nicht eingehalten wurden, nicht einheitlich:
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Teilweise wird die Messung als unverwertbar angesehen, wenn die Fristen nicht beachtet worden sind (BayObLG, NJW 2005, 232 = NZV 2005, 53 = DAR 2005, 40 = VRS 2005, 108, 42; OLG Dresden, NStZ 2004, 352 = BA 2005, 487; Beschl. v. 28.4.2021 – OLG 22 Ss 672/20 (B), DAR 2021, 463; dazu auch OLG Hamm, NZV 2005, 109 = VRS 107, 468; VA 2007, 35 = VRR 2007, 70; NZV 2008, 260 = VA 2008, 63; OLG Bamberg, VA 2008, 31 = VRR 2008, 153 = StRR 2008, 196; AG Plön, DAR 2008, 408; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, § 24a StVG Rn 4c). Zum Teil wird aber auch die Einhaltung der Wartezeit dann vollständig für entbehrlich gehalten, wenn gewährleistet ist, dass der Betroffene 10 Minuten vor Beginn der Messung keinerlei Substanzen mehr zu sich genommen hat (vgl. OLG Celle, NZV 2004, 318 f. [aufgegeben in OLG Celle, Beschl. v. 20.8.2019 – 3 Ss (OWi) 178/19, zfs 2020, 169 = NZV 2020, 434, wonach es (jetzt) auf die Umstände des Einzelfalls ankommen soll]; OLG Hamm, a.a.O.). In diesen Fällen liegt eine unverwertbare Messung vor, sodass z.B. auch nicht durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden kann, ob die ggf. vor der Messung aufgenommenen Substanzen Auswirkungen auf das Messergebnis gehabt haben (OLG Bamberg, a.a.O.). |
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Einige OLG nehmen in diesem Streit (jetzt) einen differenzierenden Standpunkt ein und gehen davon aus, dass bei nur geringfügiger Überschreitung des Grenzwertes des § 24a Abs. 1 StVG von 0,25 mg/l das Ergebnis des standardisierten Messverfahrens zur Ermittlung der Atemalkoholkonzentration mit dem Dräger Alcotest 7110 Evidential dann ohne Rechtsfehler verwertet werden kann, wenn die genannten Warte- und Kontrollzeiten eingehalten wurden (OLG Hamm, VA 2010, 50 = VRR 2010, 156 [ohne Hinweis, warum von der bisher anderen Ansicht abgewichen wird]; OLG Karlsruhe, NZV 2004, 426 f. = VRS 107, 52 f. = DAR 2004, 466 f. = VA 2004, 120, NJW 2006, 1988 = VA 2006, 140 [Ls.] = NZV 2006, 438 = VRR 2006, 355; NStZ 2016, 160 = DAR 2016, 150 = VA 2016, 28 = zfs 2016, 171; OLG Stuttgart, VA 2010, 189 = VRR 2011, 34; s.a. noch OLG Celle, Beschl. v. 20.8.2019 – 3 Ss (OWi) 178/19, zfs 2020, 169 = NZV 2020, 434; OLG Dresden, Beschl. v. 28.4.2021 – OLG 22 Ss 672/20 (B), DAR 2021, 463). Lag hingegen die festgestellte AAK deutlich über dem Grenzwert soll durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden können, ob die mit der Nichteinhaltung verbundenen Schwankungen der Messwerte durch einen Sicherheitszuschlag ausgeglichen werden können (OLG Saarbrücken, zfs 2013, 531; OLG Stuttgart, VA 2010, 189 = VRR 2011, 34). |
Hinweis
Bei dem neuen AAK-Messgerät Alcotest 9510 DE ist es im Rahmen der Eingabe der Probandendaten erforderlich, auch das gesicherte Trinkende (meist gleichzusetzen mit dem Vorfallszeitpunkt bzw. der Tatzeit) anzugeben. Hierdurch kann es i.d.R. nicht mehr zu einem Unterschreiten der Wartezeit kommen, sodass sich die vorstehende Streitfrage in Zukunft ggf. erledigen wird (auch § 2 Rn 121; Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3736).