Rz. 37
Die Bruchteilsgemeinschaft als Form der Erbengemeinschaft hat ihren Ursprung im römischen Recht (communio). Daher ist sie auch oft in den ehemals römischen Gebieten (Ausnahmen: Spanien, Frankreich und Belgien) noch heute als Organisationsform der Erbengemeinschaft anzutreffen (Miterbengemeinschaft).
1. Entstehung
Rz. 38
& Griechenland
In Griechenland erwirbt der Erbe kraft Gesetzes gemäß Art. 1846, 1711 gr. ZBG die Erbschaft mit deren Anfall, ohne dass eine Mitwirkung seinerseits hierzu erforderlich ist. Mehrere Erben bilden eine Bruchteilsgemeinschaft.
Rz. 39
& Italien
Bei Vorhandensein mehrerer Erben bildet sich in Italien, ohne Rücksicht auf eine mögliche Verschiedenheit des Berufungsgrundes, eine Bruchteilsgemeinschaft (communio incendis) eigener Art. Die Erbengemeinschaft wird als comunione ereditaria bezeichnet. Zwischen mehreren Vermächtnisnehmern bildet sich gleichfalls eine Gemeinschaft; freilich jedoch nur dann, wenn der gleiche Vermächtnisgegenstand mehreren Vermächtnisnehmern zugewandt wurde. Der Nachlass geht nicht automatisch auf die Erben über. Erforderlich ist vielmehr, dass die Erbschaft angenommen wird. Das Recht zur Annahme verjährt spätestens nach 10 Jahren ab dem Erbfall und beginnt mit dem Tage zu laufen, an welchem die Erbschaft eröffnet wird. Die Annahme der Erbschaft ist unwiderruflich. Beachtlich ist weiter, dass auch eigentlich enterbte Pflichtteilsberechtigte (Noterben) zur Erbengemeinschaft hinzustoßen können, sofern diese erfolgreich eine Herabsetzungsklage durchgeführt haben. Noterben finden dann auch, anteilig ihrer Quote, in einem deutschen Erbschein Erwähnung.
Rz. 40
& Kroatien
Der in Deutschland bekannte Grundsatz der Universalsukzession gilt auch in Kroatien. Vorbehaltlich einer etwaigen Ausschlagung gehen nach kroatischem Erbrecht die Rechte und Pflichten am Nachlass also ipso iure auf die Erben über. Mehrere Erben bilden gemäß Art. 141 ErbG eine Erbengemeinschaft in Form einer Bruchteilsgemeinschaft.
Rz. 41
& Niederlande
Auch in den Niederlanden bildet eine Mehrheit von Erben eine Bruchteilsgemeinschaft. Allerdings ist zu beachten, dass sich auch Besonderheiten der Gesamthandsgemeinschaft in der Erbengemeinschaft wiederfinden.
Rz. 42
& Polen
In Polen tritt der Erbfall mit dem Tod des Erblassers gemäß Art. 924 ZGB ein. Dabei gehen nach dem Grundsatz der Universalsukzession sämtliche Rechte und Pflichten im Zeitpunkt des Todes auf die Erben über. Eines Zutuns der Erben bedarf es also nicht (sogenannter Vonselbsterwerb der Erbschaft). Sind mehrere Erben berufen, so bilden diese nach polnischem Erbrecht eine sog. Nachlassgütergemeinschaft in Form einer Bruchteilsgemeinschaft (Art. 1035 poln. ZGB).
Rz. 43
& Österreich
Ein besonderer Fall der Erbengemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft findet sich in Österreich wieder. Dort werden die Erben nicht automatisch Rechtsnachfolger des Verstorbenen. Die Erben dürfen das Nachlassvermögen erst nach Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens in Besitz nehmen (§ 797 ABGB).
In diesem Verfahren werden drei Stadien unterschieden: Zunächst einmal der Anfall der Erbschaft, der mit dem Tode des Erblassers eintritt. Des Weiteren der Antritt, welcher durch die Erben, in der Regel durch eine sogenannte Erbantrittserklärung erfolgt, die nicht widerrufen werden kann, und zuletzt durch den Erwerb der Erbschaft aufgrund der sog. Einantwortung durch das zuständige Verlassenschaftsgericht. Im Rahmen der Erbantrittserklärung wird zwischen der bedingten und unbedingten Erbantrittserklärung unterschieden. Auch in Österreich besteht die Möglichkeit der Ausschlagung.
Mehrere Erben bilden gemäß § 550 ABGB eine Rechtsgemeinschaft (communio incidens) in Form einer Erbengemeinschaft. Für diese Erbengemeinschaft finden die Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 825 f. ABGB Anwendung. Die Anteile richten sich nach der jeweiligen Erbquote.
Rz. 44
Ferner entsteht auch in Bulgarien, Tschechien und Rumänien nach dem Tode des Erblassers eine Bruchteilsgemeinschaft.