1. Bedeutung von Internet-Restwertbörsen bei der Ermittlung des Restwerts (LS)
Rz. 1
Zitat
BGB § 249
a) |
Ein überdurchschnittlicher Erlös, den der Geschädigte für seinen Unfallwagen aus Gründen erzielt, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun haben, ist dem Schädiger nicht gutzubringen (im Anschluss an Senatsurt. v. 5.3.1985 – VI ZR 204/83, VersR 1985, 593 f. und v. 21.1.1992 – VI ZR 142/91, VersR 1992, 457 f.). |
b) |
Ein Geschädigter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen; er muss er sich jedoch einen höheren Erlös anrechnen lassen, den er bei tatsächlicher Inanspruchnahme eines solchen Sondermarktes ohne besondere Anstrengungen erzielt. |
2. Restwertabrechnung im Prozess auf Grundlage der BGH-Rechtsprechung
Rz. 2
Zitat
BGB § 249
Realisiert der Geschädigte den Restwert durch den Verkauf seines Fahrzeugs, kann er seiner Schadensabrechnung grundsätzlich den erzielten Restwertbetrag zugrunde legen. Macht der Haftpflichtversicherer des Schädigers demgegenüber geltend, auf dem regionalen Markt habe ein höherer Restwert erzielt werden müssen, liegt die Darlegungs- und Beweislast bei ihm.
a) Der Fall
Rz. 3
Die Parteien stritten um den Betrag, den sich der Kläger als Restwert seines beschädigten Fahrzeugs nach einem Verkehrsunfall vom 3.7.2002, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer voll einzustehen hatte, anrechnen lassen muss. An dem Fahrzeug trat wirtschaftlicher Totalschaden ein. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige wies in seinem Gutachten vom 4.7.2002 einen Restwert von 1.065 EUR aus. Dies entsprach dem Angebot eines in der Nähe der tschechischen Grenze ansässigen Restwerthändlers, das der Sachverständige über das Internet recherchiert hatte.
Rz. 4
Mit anwaltlichem Schreiben von Mittwoch, dem 10.7.2002, wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die Restwertfestsetzung durch den Sachverständigen falsch sei; in dem Einzugsbereich, der dem im Saarland wohnenden Kläger zugänglich sei, liege das Höchstangebot bei 300 EUR. Er forderte die Beklagte auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich der Restwerthändler binnen drei Tagen bei ihm melde und das Fahrzeug gegen Barzahlung abhole. Zudem kündigte er an, das Fahrzeug nach Ablauf dieser Frist für 300 EUR zu verkaufen. Nach Ablauf der Frist verkaufte der Kläger das Fahrzeug am 16.7.2002 für 300 EUR. Am 18.7.2002 ging ein verbindliches höheres Angebot von der im Gutachten genannten Firma ein. Die Beklagte legte der Schadensregulierung den im Gutachten ausgewiesenen Restwert zugrunde. Mit der Klage begehrt der Kläger den Differenzbetrag in Höhe von 765 EUR zu dem von ihm erzielten Verkaufserlös.
Rz. 5
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wies das Landgericht die Klage ab. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 6
Das Berufungsgericht hatte ausgeführt, wenn sich der Kläger – wie hier – zum Schadensnachweis mit Ausnahme des darin ermittelten Restwerts auf die Feststellungen in dem von ihm eingeholten Gutachten berufe, sei es seine Sache darzutun und nachzuweisen, dass der nach dem Gutachten an sich zu erzielende Restwert nicht zu realisieren sei und das Fahrzeug daher nur zu dem tatsächlich erzielten Preis habe verkauft werden können. Der Kläger sei als Anspruchsteller verpflichtet, die Höhe des ihm entstandenen Schadens nachzuweisen. Dieser Nachweis sei ihm durch das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten nicht gelungen. Danach wären zu dem maßgeblichen Zeitpunkt auf dem regionalen Markt Restwerte von 300 EUR bis 1.500 EUR zu realisieren gewesen.
Rz. 7
Jedenfalls habe der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen. Könne nach Auffassung des Geschädigten ein Verkauf nur unter dem von dem eigenen Sachverständigen angenommenen Restwert stattfinden, sei es seine Sache, den Schädiger bzw. dessen Versicherer davon in Kenntnis zu setzen und unter Fristsetzung die Möglichkeit zu geben, ein Angebot zu dem im Gutachten festgesetzten Restwert zu vermitteln. Der Kläger habe die Beklagte zwar davon in Kenntnis gesetzt, dass er das Fahrzeug zu einem Preis von 300 EUR verkaufen wolle. Die gesetzte Frist von drei Tagen für die vollständige Kaufabwicklung sei jedoch nicht angemessen gewesen. Unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten sowie der noch erforderlichen Kontaktaufnahme zwischen der Beklagten und potentiellen Anbietern sei es vielmehr zumutbar gewesen, eine Frist von acht Tagen für ein verbindliches Angebot zu setzen. Der Kläger müsse sich daher so behandeln lassen, als sei ihm das Angebot der im Gutachten aufgeführten Firma rechtzeitig zugegangen. Es sei kein Interesse des Geschädigten erkennbar, das verbindliche Angebot eines nicht ortsansässigen Aufkäufers auszuschlagen.
Die Revision hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Rz. 8
Ohne Rechtsfehler war das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Geschädigte im Totalschadensfa...