Florian Kienle, Pius Dolzer
1. Antragsberechtigung
Rz. 141
Ebenfalls Bestandteil der lex fori concursus i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 EuInsVO ist die Frage der Antragsberechtigung. Nach § 13 Abs. 1 S 2 InsO sind Gläubiger und Schuldner antragsberechtigt; der Antrag des Gläubigers ist gem. § 14 Abs. 1 InsO zulässig, wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Gem. § 15 Abs. 1 InsO ist im Falle einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit außer den Gläubigern auch jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien jeder persönlich haftende Gesellschafter, sowie jeder Abwickler antragsberechtigt. Auf die Vertretungsberechtigung kommt es, wie der Gegenschluss zu § 18 Abs. 3 InsO belegt, dabei nach deutschem Recht nicht an. Dort wird ein Eigenantrag des Schuldners nur für den Fall drohender Zahlungsunfähigkeit unter den Vorbehalt gestellt, dass entweder sämtliche oder aber solche Mitglieder des Vertretungsorgans den Antrag stellen, die zur Vertretung des Schuldners berechtigt sind.
Rz. 142
Es wird vorgeschlagen, auch bei einer Auslandsgesellschaft im Wege der Substitution auf deren Vertretungsorgane abzustellen. Diese Ansicht kann für sich Art. 37 Abs. 1 lit. b) EuInsVO in Anspruch nehmen, wonach sich das Antragsrecht nach der lex fori concursus bestimmt. Andererseits aber ist es nur dann zwingend, sämtlichen Mitgliedern des Verwaltungsorgans eine Antragsbefugnis zuzusprechen, wenn diese andererseits auch zur Antragstellung verpflichtet sind. Zu der Antragspflicht i.S.v. § 15a Abs. 1 InsO ist noch eingehend Stellung zu nehmen (siehe Rdn 174 ff.).
Rz. 143
Für die Form der Antragstellung ist gem. Art. 7 Abs. 1 EuInsVO das Recht des Eröffnungsstaates, aus deutscher Sicht damit § 4 InsO maßgeblich, der auf die allgemeinen Regeln, namentlich die §§ 129a, 495, 496 ZPO, verweist. Der Antrag kann daher schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts gestellt werden. Die Zulässigkeit des Antrags erfordert, sofern nicht von sämtlichen Mitgliedern des Vertretungsorgans gestellt, eine substantiierte Darlegung der Tatsachen, aus denen sich die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes ergeben, § 15 Abs. 2 Satz 1 InsO.
Rz. 144
Im Falle einer englischen limited kann die Ermittlung des Vertreters für die Zwecke eines Insolvenzverfahrens Schwierigkeiten bereiten. Grundsätzlich wird eine limited durch das Direktorium, das board of directors, vertreten. Gem. § 13e Abs. 2 HGB haben Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland eine inländische Zweigniederlassung zum Handelsregister anzumelden. Dies soll erst recht gelten, wenn es sich nicht um eine Zweig-, sondern um die tatsächliche Hauptniederlassung handelt. Gem. § 13e Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 HGB ist in der Anmeldung anzugeben, welche Personen die Gesellschaft im Rahmen der Zweigniederlassung gerichtlich und außergerichtlich, mithin auch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, vertreten. Fehlt es an dieser Registereintragung, so muss sich derjenige, der sich im Rahmen der gewerberechtlichen Anmeldung uneingeschränkt als Vertreter bezeichnet, bzw. der faktische Geschäftsführer auch im Insolvenzverfahren als solcher behandeln lassen.
2. Antragsrecht für Nebeninsolvenzverfahren
Rz. 145
Das Antragsrecht für ein Sekundärinsolvenzverfahren spricht Art. 37 EuInsVO dem Verwalter des Hauptverfahrens sowie jeder anderen Person oder Stelle zu, der das Recht nach dem Mitgliedstaat zusteht, in dessen Gebiet das Sekundärverfahren eröffnet werden soll. Nach § 354 Abs. 1 InsO sind nur die Gesellschaftsgläubiger befugt, ein Nebenverfahren zu beantragen, und § 356 Abs. 2 InsO stimmt mit der Zuerkennung des Antragsrechts für ein Sekundärverfahren zugunsten des ausländischen Insolvenzverwalters mit Art. 37 EuInsVO überein. Beide Vorschriften beschränken die Antragsbefugnis im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH nicht auf solche Gläubiger, die im Sekundärstaat auch ansässig sind. Da im Hinblick auf ein Partikularverfahren Art. 37 EuInsVO und der darin enthaltene Verweis auf nationales Recht nicht greifen, besteht alleine die Antragsbefugnis der in Art. 3 Abs. 4 lit. b) EuInsVO näher bezeichneten Gläubiger. Im Falle eines in der Bundesrepublik angestrengten Nebenverfahrens ist somit der Gemeinschuldner selbst nicht antragsbefugt.