Rz. 115
Die Revisionen waren teilweise begründet.
Die Klägerin konnte von der Beklagten Schadensersatzleistungen auf ihren Verdienstausfall bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur insoweit verlangen, als sie von einem Sozialversicherungsträger (hier: gesetzliche Rentenversicherung) infolge der unfallbedingten Erwerbsminderung keine kongruenten Leistungen erhalten oder noch zu beanspruchen hatte. Zum Ersatz des darüber hinausgehenden Verdienstausfallschadens war die Beklagte der Klägerin insoweit nicht verpflichtet, als dieser durch Ersatzleistungen seitens des Fahrers des unfallgegnerischen Pkw oder der Streithelferin als dessen Versicherer an die Klägerin ausgeglichen worden war.
Rz. 116
Die Klägerin war als Beifahrerin bei dem Betrieb des Motorrads, dessen alleiniger Halter nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Ehemann der Klägerin war, an ihrem Körper und ihrer Gesundheit verletzt worden. Sie hatte daher gegen ihren Ehemann (im Folgenden: angehöriger Schädiger) gemäß § 7 Abs. 1 StVG einen Anspruch auf Ersatz des unfallbedingten Schadens, der gemäß § 11 S. 1 StVG den Vermögensnachteil erfasste, den die Klägerin dadurch erlitten hat, dass infolge der Verletzung ihre Erwerbsfähigkeit aufgehoben worden war, und der für die Zukunft gemäß § 13 Abs. 1 StVG durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten war. Gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG konnte sie diesen Anspruch direkt gegen die Beklagte als Pflichthaftpflichtversicherer ihres Ehemanns geltend machen. Dabei war der von der Beklagten der Klägerin zu erstattende Gesamtschaden gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 StVG auf einen Höchstbetrag von 5 Mio. EUR beschränkt.
Rz. 117
Soweit der Sozialversicherungsträger der Klägerin infolge der unfallbedingten Erwerbsminderung keine oder keine kongruenten Sozialleistungen zu erbringen hatte, ein Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 SGB X also nicht erfolgt war, stand die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Geltendmachung dieses Teils ihres Verdienstausfallschadens außer Frage. Dem stand nicht entgegen, dass die Klägerin (noch) nicht vorgetragen hatte, in welchem Umfang sie Sozialleistungen bezog. Denn nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts glich die von dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Rente den Verdienstausfallschaden jedenfalls nicht in voller Höhe aus, sondern erfasste selbst nach dem Vortrag der Beklagten nur ca. zwei Drittel des letzten Nettoeinkommens der Klägerin. Hinsichtlich des Teils des Verdienstausfallschadens, der durch die von dem Sozialversicherungsträger zu erbringenden Leistungen nicht abgedeckt war, hafteten der Klägerin sowohl der Fahrer des unfallgegnerischen Pkw (im Folgenden: Fremdschädiger) als auch der angehörige Schädiger als Gesamtschuldner. Dasselbe galt für deren Versicherer, also die Streithelferin und die Beklagte. Dies hatte zur Folge, dass bereits erfolgte Leistungen der Streithelferin an die Klägerin auf diesen Teil des Verdienstausfallschadens – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bislang 51.500 EUR – gemäß § 422 Abs. 1 S. 1 BGB auch für die Beklagte wirkten, die Klägerin die Beklagte also insoweit nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Zudem hatten etwaige Leistungen des Fremdschädigers an die Klägerin gemäß § 422 Abs. 1 S. 1 BGB befreiende Wirkung für den angehörigen Schädiger mit der Folge, dass insoweit dessen Haftpflicht gegenüber der Klägerin entfiel und die Beklagte nicht mehr zur Leistung an die Klägerin verpflichtet war. Die diesbezüglichen Beschränkungen der Verpflichtung der Beklagten bedurften, um Bindungswirkung zu entfalten, der Erwähnung im Grund- und Teilurteil.
Rz. 118
Die Klägerin war der Beklagten gegenüber grundsätzlich auch insoweit aktivlegitimiert, als sie im Hinblick auf ihren Verdienstausfall Schadensersatzleistungen verlangte, die mit den ihr vom Sozialversicherungsträger infolge der unfallbedingten Erwerbsminderung zu erbringenden Sozialleistungen kongruent waren. Ein Verlust der Aktivlegitimation durch Übergang ihrer diesbezüglichen Forderung auf den Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X war aufgrund des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X ausgeschlossen.
Rz. 119
Die Legalzession des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X knüpft an die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers an, aufgrund eines Schadensereignisses Leistungen erbringen zu müssen, die mit dem vom Schädiger zu leistenden Schadensersatz sachlich und zeitlich kongruent sind. Die Zession soll bewirken, dass der Sozialversicherungsträger, durch dessen Leistungen der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, Rückgriff nehmen kann; der Schädiger soll durch die Versicherungsleistungen nicht unverdient entlastet werden, zugleich soll eine doppelte Entschädigung des Geschädigten vermieden werden.
Rz. 120
Gemäß § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X ist ein Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch Familienangehörige, die im Zeitpunkt des Scha...