Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 86
Wird eine Personengesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters durch die übrigen Gesellschafter fortgeführt, steht dessen Erben grundsätzlich ein Abfindungsanspruch nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Nach herrschender Meinung kann dieser Abfindungsanspruch im Gesellschaftsvertrag wirksam ausgeschlossen werden. Wegen des aleatorischen Charakters ist eine solche Gestaltung nicht pflichtteilsergänzungsrelevant.
Rz. 87
Zu beachten ist allerdings immer, dass eine gewollte Risikodisparität derartigen Gestaltungsvarianten enge Grenzen setzt, z.B. bei großem Altersunterschied oder schwerer Erkrankung eines Gesellschafters. Von einer gewollten Risikodisparität ist auch dann auszugehen, wenn die Gesellschaftsbeteiligungen unterschiedliche Größen aufweisen. In einem solchen Fall werden die Verlustrisiken bewusst auf unterschiedlichem Niveau vereinbart.
Rz. 88
Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Risikodisparität auch erst nachträglich ergeben kann, beispielsweise dann, wenn einer der Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter auf seinen Abkömmling überträgt und die Klausel hinsichtlich des Abfindungsausschlusses auf den Todesfall weiterhin unverändert fortbesteht.
Praxishinweis
Der juristische Berater sollte unbedingt darauf hinweisen, dass die Anerkennung einer solchen Gestaltung nicht gesichert ist. Insbesondere bei Einbringung von gleich großem Miteigentum an einer Immobilie in eine Ehegatten-GbR ist völlig offen, ob sie ein taugliches Gestaltungsmittel zur Pflichtteilsreduzierung darstellt.
Auch wenn der allgemeinen Kritik insoweit zuzustimmen ist, dass der von der herrschenden Meinung in den Vordergrund gestellte aleatorische Charakter des allseitigen Abfindungsausschlusses ein nicht vollständig überzeugendes Argument ist, muss dem berechtigten Interesse des Erblassers an der Erhaltung und am Schutz des Bestandes des von ihm geschaffenen Werkes der Vorzug gegeben werden. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der Vereinbarung eines allseitigen Abfindungsausschlusses im Grunde genommen um eine Abrede mitgliedschaftsrechtlicher Art handelt, die nicht aus dem Gesamtgefüge des Gesellschaftsvertrages herauszulösen ist und sich daher auch nicht ohne weiteres den Begriffen "entgeltlich" oder "unentgeltlich" zuordnen lässt. Grunewald stellt hierzu in einem Aufsatz aus dem Jahre 2021 folgende Überlegungen an: Bei Zugrundelegung der Annahme, dass ein wechselseitiger Verzicht auf eine Abfindung ein aleatorisches Geschäft sei, kommt eine Schenkung im Normalfall nicht in Frage, weil es an der objektiv zu beurteilenden Unentgeltlichkeit fehlt. Nur wenn keine wechselseitige Einräumung von Erwerbschancen vorliegt oder die Risikoverteilung völlig ungleich ist, liegt objektive Unentgeltlichkeit vor. Die für die Annahme einer Schenkung ebenfalls erforderliche subjektive Unentgeltlichkeit ist dann normalerweise ebenfalls problemlos gegeben. Ein schenkungsähnliches Rechtsgeschäft liegt nur vor, wenn für diese Zuwendung kein anderer Grund gegeben ist als die Reduzierung des Pflichtteils eines Berechtigten.