Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 50
Das Wohnungsrecht kann in einer letztwilligen Verfügung zugewendet werden. Der im Wege des Vermächtnisses Begünstigte hat einen Anspruch auf Erklärung der dinglichen Einigung nach § 873 BGB sowie auf Eintragung des Wohnungsrechts in das Grundbuch nach Bewilligung durch die Erben (§ 19 GBO). Die Voreintragung der Erben als Eigentümer des Grundstücks ist nach § 39 GBO erforderlich.
Zur Sicherung des Erfüllungsanspruchs kann auf die Ausführungen zum Nießbrauchsvermächtnis verwiesen werden (siehe Rdn 39 ff.).
Das Wohnungsrecht ist weder vererblich noch veräußerlich (§§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB) und nur mit Zustimmung des Eigentümers der Nutzung nach übertragbar (§§ 1092 Abs. 1, 1093 Abs. 2 BGB).
Die Vorschriften des Nießbrauchs finden größtenteils Anwendung auf das Wohnungsrecht. Grundsätzlich darf der Wohnungsrechtsinhaber die Wohnung selbst nutzen und sie nicht anderen Personen überlassen. Allerdings ist er berechtigt, seine Familie sowie die zur Pflege notwendigen Personen in die Wohnung aufzunehmen, ebenso den Partner einer nichtehelichen, auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft.
Die unentgeltliche Überlassung der Wohnung oder die Vermietung der Wohnung ist grundsätzlich untersagt. Vertraglich kann dies jedoch gestattet werden.
Formulierungsbeispiel
Der Wohnungsberechtigte ist befugt, die Wohnung dritten Personen zur Ausübung des Rechts zu überlassen, insbesondere ist er auch berechtigt, die Wohnung zu vermieten. Nutzungsentgelte und Mieten stehen ihm zu.
Rz. 51
Die Einräumung eines Wohnungsrechts ist weder befristungs- noch bedingungsfeindlich. Gerade bei Testamenten in Patchworkfamilien kommt deshalb eine Bedingung des Inhalts in Betracht, dass das Wohnungsrecht nur bis zur Wiederverheiratung des Begünstigten oder bis zur Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bestehen soll.
Formulierungsbeispiel: Wohnungsrechtsvermächtnis
Mein Ehemann erhält im Wege des Vermächtnisses ein lebenslanges Wohnungsrecht nach § 1093 BGB. Mein Ehemann ist berechtigt, unter Ausschluss des Eigentümers die Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens X-Straße 12 in Y-Stadt zu nutzen.
Die Wohnung darf sowohl vermietet als auch anderen Personen unentgeltlich überlassen werden.
Außerdem ist er berechtigt, die gemeinschaftlichen Anlagen, insbesondere Garten, Waschraum und Keller mitzubenutzen.
Er hat alle Nebenkosten der Wohnung zu tragen, wie z.B. Strom, Heizung, Wasser, Müllabfuhr, Gas sowie Kosten für Schönheitsreparaturen.
Die außergewöhnlichen Lasten und Erhaltungsmaßnahmen trägt der Eigentümer.
Im Falle der Wiederverheiratung oder einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft erlischt das Wohnungsrecht.
Rz. 52
Häufiger Streitpunkt im Zusammenhang mit einem Wohnungsrecht ist die Frage, ob das Wohnungsrecht erlischt, wenn der Berechtigte auf Dauer auszieht bzw. ob für diesen Fall dann dem Berechtigten oder dem Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht ein Geldanspruch zusteht. Zu diesen Fragen musste sich der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2007 äußern. Die Berechtigte musste in ein Pflegeheim umziehen, der Sozialhilfeträger leitete sämtliche Ansprüche auf Geldleistungen, die sich aus der Nichtinanspruchnahme der vertraglichen Leistungen aus dem Übergabevertrag ergeben, bis zu der Höhe der gewährten Sozialhilfe auf sich über. Der BGH hat wichtige Grundsätze zu den aufgeworfenen Fragen aufgestellt:
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Ein in der Person des Berechtigten liegendes Ausübungshindernis führt nicht generell zum Erlöschen des Wohnungsrechts, selbst wenn das Hindernis auf Dauer besteht. Das Wohnungsrecht ist eine besondere Art der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1093 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Recht erlischt, wenn seine Ausübung auf Dauer unmöglich wird. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Recht keinem mehr einen Vorteil bietet. Daran fehlt es bei der Aufnahme des Berechtigten in ein Pflegeheim, da der Berechtigte nach § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB mit Gestattung des Grundstückseigentümers die Ausübung seines Rechts anderen überlassen und dadurch z.B. einen Mietanspruch begründen kann. |
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Kann der Berechtigte sein auf Lebenszeit eingeräumtes Wohnungsrecht wegen eines medizinisch notwendigen Aufenthalts in einem Pflegeheim nicht ausüben, kommt die Begründung einer Zahlungspflicht des Verpflichteten im Wege der Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nur in Betracht, wenn der Heimaufenthalt auf Dauer erforderlich ist und die Vertragsschließenden nicht mit dem Eintritt dieses Umstandes gerechnet haben. Fehlen diese Voraussetzungen, kann die ergänzende Vertragsauslegung einen Geldanspruch des Berechtigten begründen. |
Praxishinweis
Um hier später unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sollten in das Testament oder einen Überlassungsvertrag klarstellende Regelungen aufgenommen werden. So kann beispielsweise angeordnet werden, dass dem Wohnungsberechtigten auch bei dauerhaftem Auszug aus der Wohnung kein Geldersatzanspruch zusteht.