Rz. 177
Bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen ist im Rahmen der Bestimmung des Erben der Grundsatz der höchstpersönlichen Errichtung (§§ 2064, 2274 BGB) zu beachten. Der Erblasser hat daher weder die Möglichkeit, sich im Willen oder in der Erklärung vertreten zu lassen (formelle Höchstpersönlichkeit), noch kann er die Bestimmung des Erben einem Dritten auferlegen (materielle Höchstpersönlichkeit). Gemäß § 2065 Abs. 1 BGB kann der Erblasser eine letztwillige Verfügung auch nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten soll oder nicht. Dieser Grundsatz der Höchstpersönlichkeit ist Folge der durch das Erbrecht gewährleisteten Testierfreiheit.
Rz. 178
Da in der Praxis jedoch häufig der Bedarf besteht, aus einem bestimmten Personenkreis den geeigneten Erben und Vermögensnachfolger zu bestimmen, ist seitens der Rechtsprechung des BGH der Grundsatz des persönlichen Handelns aufgelockert worden. So wird es als ausreichend angesehen, dass der Inhalt des Testaments so genau bestimmt ist, dass die Festlegung des Erben von jedem erfolgen kann, der mit genügender Sachkunde ausgestattet ist. Dabei ist jedoch nach Ansicht des BGH einem willkürlichen Handeln des Dritten vorzubeugen. Es wird als zulässig erachtet, dass der Erblasser einen eng begrenzten Personenkreis bestimmt, aus dem ein Dritter den Erben nach sachlichen Kriterien auszuwählen hat. Wichtig ist, dass der Erblasser Angaben bzw. handfeste sachliche Kriterien dafür, wie die Auswahl letztendlich zu erfolgen hat, in seiner letztwilligen Verfügung angibt. Dem Bestimmenden darf insoweit kein eigener Ermessensspielraum verbleiben. Der Erblasser muss selbst seinen Willen bekunden, er muss sich selbst über die wesentlichen Teile seines Willens klar werden.
Rz. 179
Hinweis
Es ist umstritten, ob es sich um eine unzulässige Vertretung im Willen des Erblassers handelt und § 2065 Abs. 1 BGB somit keine Anwendung findet, wenn der überlebende Ehegatte zum Vorerben eingesetzt worden ist und darüber entscheiden kann, wer Nacherbe auf Ableben des Erstverstorbenen wird. Dies bedeutet, dass der überlebende Ehegatte das Recht haben soll, den Nacherben aus einem bestimmten vom Erblasser vorgegebenen Personenkreis zu bestimmen. Teilweise werden solche Verfügungen für wirksam gehalten. Nach a.A. verstößt eine derartige Verfügung gegen § 2065 Abs. 2 BGB und ist somit nichtig. Zugunsten derartiger Verfügungen könnte argumentiert werden, dass es dem Vorerben erst recht möglich sein muss, eine Änderung der Personen oder Erbteile vorzunehmen, wenn er schon die Nacherbschaft gänzlich beseitigen kann. Zu Recht überwiegen jedoch die diese Ansicht ablehnenden Stimmen. In diesem Zusammenhang kann man nämlich nicht mit der These operieren, der Vorerbe mache sich durch seine abweichende Verfügung zum Vollerben und er verfüge demgemäß nur über seinen eigenen Nachlass. Vielmehr ist es gerade so, dass dem Vorerben durch den Erblasser die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen wurde, über den Inhalt der Verfügung zu entscheiden. Solche Verfügungen sind daher nur insoweit zulässig, als auch sonst eine Erbenbestimmung einem Dritten überlassen werden kann. Der Vorerbe kann daher zulässigerweise ermächtigt werden, den Nacherben aus einem bestimmten Personenkreis nach sachlichen Kriterien auszuwählen. Ist der Personenkreis durch den Erblasser nicht bestimmt und gibt der Erblasser nicht genügend Auswahlkriterien vor, so führt dies zur Nichtigkeit der Verfügung. Die weiter sich ergebenden Konsequenzen sind dann im Wege der Auslegung zu ermitteln. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, ob der Erblasser auch für den Fall Nacherbfolge angeordnet hätte, dass sich die Bestimmung hinsichtlich der Auswahl der Nacherben als nichtig erweisen würde. Sollte dies bejaht werden, ist in einem weiteren Schritt die Person des Nacherben im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung kann dann dazu führen, dass der vom Erblasser bestimmte Personenkreis zu gleichen Teilen berufen sein soll. Führt die ergänzende Auslegung zu keinem Ergebnis, könnte noch auf § 2104 S. 2 BGB analog zurückgegriffen werden. Für diesen Fall sind die gesetzlichen Erben des Erblassers zum Zeitpunkt der Nacherbfolge zu Nacherben berufen.
Rz. 180
Anders als bei der Erbeinsetzung gilt bei einem Vermächtnis der Grundsatz der höchstpersönlichen Errichtung nicht. Hier kann vielmehr die Bestimmung des Vermächtnisnehmers im Rahmen des § 2151 BGB auch einem Dritten überlassen werden. Der Grundsatz des § 2065 Abs. 2 BGB findet auch keine Anwendung bei der Auflage nach § 2193 BGB, bei der Auswahl eines Testamentsvollstreckers nach §§ 2198 ff. BGB und bei der Auseinandersetzung nach § 2048 S. 2 BGB.
Rz. 181
Gerade im Bereich der Unternehmensnachfolge spielt das Bestimmungsrecht eine große Rolle, dann nämlich, wenn der Erblasser noch nicht weiß, welche seiner Kinder Nachfolger im Unternehmen werden sollen. Oftmals lässt sich aufgrund des Alters der Kinder noch nicht absehen, welches davon...