Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 192
Beide Ehegatten können die Alleinnutzung oder Aufteilung der Ehewohnung beantragen, um so ein Getrenntleben zu gewährleisten.
I. Definition der Ehewohnung
Rz. 193
Die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Wohnung sind für ihre Qualifizierung als Ehewohnung irrelevant.
Praxistipp:
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Bei einer Mietwohnung hat während des Trennungszeitraums der in der Ehewohnung verbliebene Ehegatte jedoch keinen Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses zwischen sich und dem Vermieter. |
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Ein Anspruch auf Umgestaltung des Mietverhältnisses besteht grundsätzlich erst anlässlich der Scheidung, wenn die Voraussetzungen des § 1568a Absatz V BGB vorliegen. Denn die Frage der Nutzung der Ehewohnung soll nach der gesetzgeberischen Intension erst für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung einer endgültigen Klärung zugeführt werden. |
Rz. 194
Die Eigenschaft der Wohnung als Ehewohnung bleibt grds. mindestens bis zur Rechtskraft der Scheidung bestehen. Die gerichtliche Zuweisung ist jedoch nicht mehr möglich, wenn der Ehegatte die Wohnung endgültig aufgegeben und dem anderen Ehepartner zur Nutzung überlassen hat, weil die Wohnung dann ihren Charakter als Ehewohnung verloren hat.
Die Eigenschaft der Immobilie als Ehewohnung wird nicht dadurch aufgehoben, dass sich ein Ehepartner wegen der ehelichen Spannungen zum Verlassen der Wohnung veranlasst sieht, sondern erst dann, wenn der Ehepartner, der die Wohnung verlassen hat, die Wohnung endgültig aufgibt. Ferner scheidet die Zuweisung aus, wenn der ausgezogene Ehegatte die Wohnung wirksam gekündigt hat.
Die Zuweisung oder Aufteilung einer Ehewohnung kann auf der folgenden rechtlichen Grundlage geschehen:
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gem. § 1361b BGB für die Zeit der Trennung, |
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gem. § 1568a BGB für die Zeit nach der Scheidung (siehe § 14 Rdn 1 ff.), |
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gem. § 2 GewSchG, unabhängig vom Zeitpunkt der Trennung oder Scheidung. |
Für den hier zu erörternden Zeitabschnitt der Trennung kommen nur § 1361b BGB und § 2 GewSchG in Betracht.
II. Voraussetzungen der gerichtlichen Wohnungszuweisung gem. § 1361b BGB
Rz. 195
Nach § 1361b BGB kann ein Ehegatte von dem anderen Ehegatten im Falle der Trennung verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder Teile der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden, wobei eine unbillige Härte auch dann gegeben sein kann, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kinder beeinträchtigt ist.
Das gesetzlich nicht definierte Richtmaß ‘unbillige Härte’ weist über den Bereich der häuslichen Gewalt hinaus. Durch ausdrückliche Erwähnung herausgehoben sind als Tatbestände, die eine unbillige Härte begründen können, die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohles.
Die Zuweisung der Ehewohnung gem.§ 1361b BGB ist bereits möglich, wenn die häusliche Atmosphäre nachhaltig gestört ist und dies zu erheblichen Belastungen des Kindes führt. Ist also ein erträgliches Zusammenleben der Familie unter einem Dach nicht mehr möglich, hat das Interesse der Kinder – auch der nicht gemeinschaftlichen Stiefkinder – an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation Vorrang vor den Interessen des Miteigentümers.
Dem Kindeswohl wird bei der zu treffenden Billigkeitsabwägung besondere Bedeutung beigemessen. Unerheblich ist dabei, ob das Kindeswohl durch tatsächlich ausgeübte physische Gewalt beeinträchtigt wird oder eine fortdauernde psychische Belastung, folgend aus Spannungen und streitigen Auseinandersetzungen auf der Elternebene, in Rede steht. Da die Sicherung einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation primäres Ziel ist, erstreckt sich der Schutz über die Volljährigkeit hinaus. Nach dem Kontinuitätsgrundsatz soll der Verbleib des Kindes in seiner bisherigen und gewohnten Umgebung gewährleistet werden.
Der finanziell gut gestellte Ehepartner, der sich nicht um die Kinder kümmern muss, ist eher in der Lage, sich Ersatzwohnraum zu beschaffen und die Nachteile eines Wohnungswechsels in Kauf zu nehmen.
Nur ausnahmsweise kann eine Aufteilung der ehelichen Wohnung in Betracht kommen, wenn die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen sind, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Beteiligten entweder nicht zu rechnen ist, oder wenn sich die Streitparteien wenigstens im Interesse der Kinder zu arrangieren bereit sind und ein Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme walten lassen.
§ 1361b BGB und die Regelungen des GewSchG sind nebeneinander anwendbar, wenn die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind. § 1361 BGB ist gegenüber § 2 GewSchG lex specialis, wenn es bereits zu einer Trennung gekommen ist, oder ein Ehegatte die Zuweisung der Wohnung erstrebt, um die Trennung herbeizuführen.
Es ergibt sich folgende Übersicht für die Wohnungszuweisung:
Vorläufige Regelung (Trennung) |
Endgülti... |