Rz. 30

Das Ertrinken stellt wegen des Eindringens (in den Kehlkopf) bzw. Einatmens des Wassers ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis dar.[70]

Auf die Ursache des Ertrinkens kommt es für den Unfallbegriff nicht an, sie ist aber für einen eventuellen Ausschluss erheblich.[71] So ist z.B. der Versicherungsschutz trotz Vorliegens eines Unfalls wegen einer Bewusstseinsstörung ausgeschlossen, wenn die VP in der Badewanne ohnmächtig wird und daraufhin ertrinkt.[72]

Für die Fälle des mittelbaren Ertrinkens (sog. Badetod), die im vorliegenden Zusammenhang etwa gegeben sind, wenn den Schwimmer die Kräfte verlassen oder sein Herz versagt hat, gilt folgendes: Wenn die VP vor Eindringen des Wassers in den Kehlkopf noch gelebt hat, ist das Ertrinken die primäre Todesursache, mithin ein Unfall gegeben. Ist das Eindringen des Wassers in den Kehlkopf nicht primäre Todesursache, so muss am Anfang der Kausalkette ein äußeres Ereignis im Sinne des Unfallbegriffs vorliegen, damit ein Unfall bejaht werden kann. Steht zu Beginn der Kausalkette ein körperinterner Vorgang (z.B. Herzversagen), so liegt kein Ertrinkenstod, also kein Unfall vor.[73]

Auch wenn der Tod des Schwimmers auf inneren krankhaften Vorgängen beruht, stellt sich die Frage einer Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen nicht. Hier geht es allein um die Frage, ob die krankhafte innere Reaktion des Körpers in einer bestimmten Situation als Unfallereignis anzusehen ist.[74]

 

Rz. 31

 

Praxistipp

Der Anspruchsteller muss beweisen, dass der Tod durch Ertrinken, also durch einen Unfall eingetreten ist.[75] Die Grundsätze des Anscheinsbeweises sind in der Regel anwendbar. Demnach genügt die Schilderung von Geschehensabläufen, die den Unfallbegriff erfüllen. So spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Ertrinkenstod, wenn ein Nichtschwimmer in einer Badeanstalt lautlos an einer Stelle versinkt, die gefährlich tief ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten jedoch nicht für die Frage, ob ein Ertrinkenstod oder ein Herztod vorliegt, weil es insoweit keine typischen Geschehensabläufe gibt.[76] Hier ist regelmäßig eine Obduktion erforderlich.

[70] BGH v. 22.6.1977 – IV ZR 128/75, VersR 1977, 736; OLG Stuttgart v. 27.7.2006 – 7 U 208/05 VersR 2007,1363; Grimm, Ziff. 1 Rn 33; Kloth, E Rn 17.
[71] BGH v. 22.6.1977 – IV ZR 128/75, VersR 1977, 736.
[73] Grimm, Ziff. 1 Rn 34.
[74] Grimm; Ziff. 1 Rn 34.
[75] BGH v. 22.6.1977 – IV ZR 128/75 VersR 1977, 736.
[76] Grimm, Ziff. 1 Rn 35.

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