Rz. 269
Praxistipp
Ein häufiger Fehler: Die Vergütung – ggf. auch die vereinbarte – wird eingeklagt, ohne dass eine § 10 RVG entsprechende Endabrechnung an den Auftraggeber erfolgt ist. § 10 RVG ist auch bei einer vereinbarten Vergütung anwendbar. Der Anwalt tut daher gut daran, vor Klageeinreichung zu prüfen, ob seine – nicht bezahlte – Kostenrechnung den Anforderungen an § 10 RVG genügt. Denn er kann seine Vergütung nur aufgrund einer korrekten Abrechnung gem. § 10 RVG einfordern. Dies gilt auch für vereinbarte Vergütungen.
Rz. 270
Die Nachholung der Endabrechnung im Prozess ist möglich; es muss aber klar werden, dass eine abschließende Endabrechnung vorgenommen werden soll und eine eigenhändige Unterschrift angebracht sein, so das OLG München. Eine erneute Abschlagsrechnung reicht nicht aus. Die Übermittlung der Rechnung als pdf-Datei mit eingescannter Unterschrift entspricht den Anforderungen an § 10 RVG nicht.
Rz. 271
Interessant war die Entscheidung des OLG München auch deshalb, weil das Gericht auch die Frage aufgeworfen hat, ob die mit dem Berufungsschriftsatz erstmals vorgenommene Endabrechnung als verspätet nach § 531 ZPO zurückgewiesen werden könnte, was es jedoch verneinte, da diese Abrechnung vom Beklagten nicht mehr bestritten werden kann. So kam es im vorliegenden Prozess auch nicht mehr darauf an, ob das Landgericht deutlicher hätte darauf hinweisen müssen, dass es eine Abweisung der Klage wegen Fehlens einer Endabrechnung nach § 10 RVG in Betracht gezogen hatte. Letztendlich stand der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil es an einer formwirksamen Vergütungsvereinbarung fehlte. Da die Tätigkeit der Klägerin sich nicht auf eine Beratung im Sinne des § 34 RVG bezog, sondern vielmehr auch Tätigkeiten umfasste, die in den Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr fielen, musste die Vereinbarung den Vorschriften des § 3a RVG entsprechen. Das war vorliegend jedoch nicht der Fall, da die Vergütungsvereinbarung von der Klägerin aus einem Mittelverwendungskontrollvertrag abgeleitet wurde, der zwischen der Beklagten und einer Steuerberatungsgesellschaft abgeschlossen worden war, ohne dass die Klägerin Vertragspartei wurde (Vertrag zugunsten Dritter). So war denn auch darüber hinaus der Mittelverwendungskontrollvertrag weder als Vergütungsvereinbarung bezeichnet, noch waren andere Regelungen deutlich abgesetzt. Nach Ansicht des OLG München kommt es auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter auf die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 RVG an. Darüber hinaus führten auch die vorgelegten Besprechungsprotokolle zu keinem Ergebnis. Zwar wahrten diese zum Teil die Textform, ließen aber die Erfüllung der anderen Voraussetzungen des § 3a RVG vermissen. Denn weder waren diese Protokolle als Vergütungsvereinbarung bezeichnet, noch waren andere Inhalte der Protokolle deutlich abgesetzt.
Rz. 272
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob die Einrede eines Mangels der von § 3a Abs. 1 RVG geforderten Form einer Vergütungsvereinbarung "im Rahmen einer Schuldbestätigung verzichtsfähig" ist. Der BGH hat diese Frage bislang offengelassen. Zu Recht verweist das OLG München darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung auch ein deklaratorisches Anerkenntnis jedenfalls nur solche Einwendungen des Schuldners ausschließt, die dieser bei Abgabe der Erklärung kannte oder mit denen er zumindest gerechnet hat.
Rz. 273
Eine Berechnung im Sinne des § 10 RVG liegt nach der Auffassung des BGH nur vor, wenn diese Berechnung den Mandanten in die Lage versetzt, eine Überprüfung der abgerechneten Stunden vorzunehmen, was bei dem Ausweis der Gesamt-Stundenzahl ohne Zuordnung zu den einzelnen Tagen nicht möglich sei.
Rz. 274
Da § 10 RVG im Übrigen eine eigenhändige Unterschrift des Anwalts verlangt, ist die Abrechnung nicht ordnungsgemäß erteilt, wenn die unterschriebene Rechnung dem Mandanten als eingescanntes PDF-Dokument (und nur als solches) übermittelt wird. Hierauf ist auch in Zeiten des elektronischen Rechtsverkehrs zu achten. Zur Ersetzungsmöglichkeit der eigenhändigen Unterschrift durch die elektronische Form, wenn diese mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen ist, siehe auch § 126a BGB.