Rz. 50
In § 3a RVG sind die wichtigsten Formvorschriften für sämtliche Vergütungsvereinbarungen geregelt (erfolgsunabhängige und erfolgsabhängige), soweit es um eine anwaltliche Vertretung geht. Für die reine Beratung oder Auskunftserteilung, Mediation und auch die Erstellung des Gutachtens gilt § 34 RVG.
a) § 3a RVG – Form- und Inhaltsvorschriften
Rz. 51
§ 3a RVG wurde zum 1.10.2021 angepasst, einige bisher in § 4 RVG enthaltene Regelungen wurden umgeparkt:
§ 3a RVG:
(4) -1-Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform.
-2-Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. -3-Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
-4-Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34.
(2) -1-In der Vereinbarung kann es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer überlassen werden, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. -2-Ist die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen, so gilt die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
(3) -1-Ist eine vereinbarte, eine nach Absatz 2 Satz 1 von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer festgesetzte oder eine nach § 4a für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch, kann sie im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden.
-2-Vor der Herabsetzung hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen; dies gilt nicht, wenn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Vergütung nach Absatz 2 Satz 1 festgesetzt hat.
-3-Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(4) -1-Eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung erhalten soll, ist nichtig.
-2-Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung bleiben unberührt.“
b) Textform, nicht Schriftform
Rz. 52
Nach § 3a Abs. 1 S. 1 RVG bedarf eine Vergütungsvereinbarung nicht mehr (wie bis zum 30.6.2008) der Schriftform, sondern vielmehr der Textform.
Die Textform ist eine erhebliche Vereinfachung für die Praxis. So gab es bis 2008 etliche Gerichtsentscheidungen, die eine lediglich per Fax übermittelte Vergütungsvereinbarung als nicht ausreichend angesehen haben. Da der Anwalt oft bereits in die Vertretung einstieg, bevor der Mandant ihm die unterzeichnete Vereinbarung im Original übersandt hatte, wirkte sich die strenge Schriftform nicht selten sehr nachteilig für ihn aus. Die Textform nach § 126b BGB wurde erst 2001 im BGB geregelt, und 2014 nochmals angepasst.
Rz. 53
Wegen der Übergangsvorschrift vgl. die Regelung in § 60 RVG. Für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung sind nicht die im Zeitpunkt der unbedingten Auftragserteilung, sondern die im Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung geltenden rechtlichen Regelungen maßgeblich.
Rz. 54
§ 126b BGB
"Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das"
1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“
§ 126b BGB regelt die "leichteste" gesetzliche Form und bewirkt eine Erleichterung des Rechtverkehrs.
Rz. 55
Unterhalb der Unterschrift angefügte Vertragsnachträge führen zur Formunwirksamkeit der Erklärung; der BGH hatte dies zur Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB entschieden. Diese Entscheidung kann m.E. aber analog auf Veränderungen, die nach Abschluss der Erklärung in Textform vorgenommen werden, angewendet werden. Um dem Vorwurf in einem eventuell späteren Verfahren vorzubeugen, der Rechtsanwalt habe einzelne Seiten der Vergütungsvereinbarung ausgetauscht, ist bei mehrseitigen Vergütungsvereinbarungen zu empfehlen, dass sowohl Rechtsanwalt als auch Mandant jede einzelne Seite paraphieren.
Rz. 56
Eine Vergütungsvereinbarung, welche die Textform nicht wahrt, ist zwar eigentlich gem. § 125 BGB nichtig. Allerdings regelt § 4b S. 1 RVG hier als spezielleres Gesetz, dass aus einer Vereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 oder des § 4a Abs. 1 und 3 Nr. 1 und 4 RVG entspricht, der Rechtsanwalt lediglich keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern kann, wobei die Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung unberührt ble...