Rz. 32

Grundsätzlich gilt: Der Begriff "Vergütung" findet seine Legaldefinition in § 1 Abs. 1 RVG. Es handelt sich hier um "Gebühren und Auslagen". In § 3a Abs. 1 RVG sind einzuhaltende Form- und Inhaltsvorschriften geregelt, die Vertretungsmandate betreffen; § 34 RVG enthält keine solchen Form- und Inhaltsvorschriften; eine analoge Anwendung von § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG wird sogar konkret in § 3a Abs. 1 S. 4 RVG ausgeschlossen.

 

Rz. 33

 
Tätigkeit Anwendung Bezeichnung
Beratung § 34 RVG Gebührenvereinbarung
Mediation § 34 RVG Gebührenvereinbarung

Gutachten

(mit Ausnahme Gutachten für Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels, vgl. z.B.

Nr. 2101 VV RVG)
§ 34 RVG Gebührenvereinbarung

Außergerichtliche

Vertretung
§§ 3a ff. RVG Vergütungsvereinbarung

Vertretung nach

unbedingtem Prozess-

oder Verfahrensauftrag
  Vergütungsvereinbarung
 

Rz. 34

Wird eine "Vergütungsvereinbarung" geschlossen, so sind die Auslagen nach Teil 7 VV RVG (Auslagenpauschale, Umsatzsteuer, Reisekosten, Dokumentenpauschale etc.) NUR geschuldet, wenn dies auch ausdrücklich zusätzlich mit aufgenommen ist. Bei einer Gebührenvereinbarung wird nur die Gebühr vereinbart, Auslagen nach Teil 7 VV RVG werden daneben ohne gesonderte Vereinbarung geschuldet.

 

Rz. 35

 

Wichtig!

Für Anwälte ist es von großer Bedeutung, zu wissen, wann das Beratungsmandat endet und das Vertretungsmandat beginnt.

§ 34 Abs. 1 RVG regelt die Abrechnung eines mündlichen oder schriftlichen Rats oder einer Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt. Rechtsberatung ist das tägliche Geschäft des Anwalts und ist grundsätzlich z.B. auch durch die Verfahrensgebühr abgegolten. Nur wenn der Anwalt ausschließlich berät, d.h., ohne Vertretung tätig wird, greift § 34 RVG.

 

Rz. 36

Die Geschäftsgebühr wiederum entsteht nach Abs. 3 der Vorbemerkung 2.3 VV für das Betreiben des Geschäfts (sog. Betriebsgebühr) einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Nach der Überschrift zu Teil 2 wird hier die "Vertretung" geregelt. Zu Beginn des Inkrafttretens des RVG wurde in der Literatur noch überwiegend angenommen, dass das Erstellen einer Urkunde und damit z.B. auch eines Testaments die Geschäftsgebühr auslöst.[9] Inzwischen mehren sich die Stimmen in der Rechtsprechung, dass auch für die Hilfe bei der Erstellung eines Testaments keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV abgerechnet werden kann.[10] Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Mitwirkung bei der Erstellung eines Erbvertrags, Erbverzichtsvertrag oder Pflichtteilsverzichtsvertrag mit wechselseitigen Regelungen (Geschäftsgebühr entsteht unstreitig) und dem einseitigen Testament (Geschäftsgebühr streitig; h.M. kommt zur Anwendung des § 34 RVG).

 

Rz. 37

 

Praxistipp

Soll gerade im Hinblick auf strittige Rechtsprechung zur Einordnung der anwaltlichen Tätigkeit eine Vereinbarung mit dem Mandanten getroffen werden, empfiehlt es sich, sich an den strengeren Vorschriften der §§ 3a ff. RVG zu orientieren.

 

Rz. 38

Das OLG Karlsruhe hielt zudem 2015 fest:

Zitat

"Die Begriffe "Vergütungsvereinbarung" einerseits und "Gebührenvereinbarung" andererseits lassen sich systematisch klar abgrenzen. Das Gesetz verwendet den Begriff der Vergütungsvereinbarung dann, wenn eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen dem Anwalt und Mandant vereinbart werden soll. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 S. 1 RVG fehlt es an gesetzlich festgelegten Gebühren, weshalb der Gesetzgeber eine Honorarregelung in diesem Bereich als Gebührenvereinbarung bezeichnet."[11]

 

Rz. 39

In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des BGH von großer Bedeutung:

Zitat

"1. Eine formfreie Gebührenvereinbarung für eine außergerichtliche Beratung liegt nur vor, wenn sich den Abreden der Parteien entnehmen lässt, dass oder in welchem Umfang die vereinbarte Vergütung ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG umfasst. (amtlicher Leitsatz)"[12]

[9] Madert, AGS 2005, 2 (5); Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 2300 Rn 13; N. Schneider, AGS 2006, 60 f.; in Frage stellend insoweit Onderka/Wahlen, in Schneider/Wolf, RVG, 5. Aufl. 2010, VV Vorb. 2.3 Rn 37.
[10] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2011 – I-24 V U 224/11, NJW-Spezial 2012, 635 = BeckRS 2012, 17725; AG Hamburg-Altona, Beschl. v. 6.1.2007 – 316 C 85/07 AGS 2008, 166 m. Anm. N. Schneider, BeckRS 2008, 02289; zur Erstellung einer Urkunde/eines Briefentwurfs siehe auch: OLG Nürnberg, Urt. v. 26.7.2010 – 14 U 220/10, NJW 2011, 621 = BeckRS 2010, 20612.
[11] OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.1.2015 – 19 U 99/14, BeckRS 2015, 02342 = RVGReport 2015, 297 = AnwBl 2015, 350 = JurBüro 2015, 242.
[12] BGH, Urt. v. 3.12.2015 – IX ZR 40/15, AGS 2016, 56 = NJW 2016, 1596 = RVGReport 2016, 91 = ZFS 2016, 164 = NZS 2016, 197 (Ls.) = AnwBl 2016, 268 = FamRZ 2016, 465 = MDR 2016, 182.

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