Rz. 52
Nach § 3a Abs. 1 S. 1 RVG bedarf eine Vergütungsvereinbarung nicht mehr (wie bis zum 30.6.2008) der Schriftform, sondern vielmehr der Textform.
Die Textform ist eine erhebliche Vereinfachung für die Praxis. So gab es bis 2008 etliche Gerichtsentscheidungen, die eine lediglich per Fax übermittelte Vergütungsvereinbarung als nicht ausreichend angesehen haben. Da der Anwalt oft bereits in die Vertretung einstieg, bevor der Mandant ihm die unterzeichnete Vereinbarung im Original übersandt hatte, wirkte sich die strenge Schriftform nicht selten sehr nachteilig für ihn aus. Die Textform nach § 126b BGB wurde erst 2001 im BGB geregelt, und 2014 nochmals angepasst.
Rz. 53
Wegen der Übergangsvorschrift vgl. die Regelung in § 60 RVG. Für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung sind nicht die im Zeitpunkt der unbedingten Auftragserteilung, sondern die im Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung geltenden rechtlichen Regelungen maßgeblich.
Rz. 54
§ 126b BGB
"Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das"
1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“
§ 126b BGB regelt die "leichteste" gesetzliche Form und bewirkt eine Erleichterung des Rechtverkehrs.
Rz. 55
Unterhalb der Unterschrift angefügte Vertragsnachträge führen zur Formunwirksamkeit der Erklärung; der BGH hatte dies zur Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB entschieden. Diese Entscheidung kann m.E. aber analog auf Veränderungen, die nach Abschluss der Erklärung in Textform vorgenommen werden, angewendet werden. Um dem Vorwurf in einem eventuell späteren Verfahren vorzubeugen, der Rechtsanwalt habe einzelne Seiten der Vergütungsvereinbarung ausgetauscht, ist bei mehrseitigen Vergütungsvereinbarungen zu empfehlen, dass sowohl Rechtsanwalt als auch Mandant jede einzelne Seite paraphieren.
Rz. 56
Eine Vergütungsvereinbarung, welche die Textform nicht wahrt, ist zwar eigentlich gem. § 125 BGB nichtig. Allerdings regelt § 4b S. 1 RVG hier als spezielleres Gesetz, dass aus einer Vereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 oder des § 4a Abs. 1 und 3 Nr. 1 und 4 RVG entspricht, der Rechtsanwalt lediglich keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern kann, wobei die Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung unberührt bleiben, § 4b S. 2 RVG. So hält der BGH denn auch bei einer Vereinbarung, die gegen die Form- und Inhaltsvorschriften des § 4a Abs. 1 S. 1 verstößt, ebenfalls nicht i.S.d. § 134 BGB für nichtig, sondern nimmt an, dass die vereinbarte Vergütung weiterhin geschuldet bleibt, begrenzt jedoch in ihrer Höhe auf die gesetzliche Vergütung. Man "fällt somit jedoch immer nur runter, nie rauf", siehe dazu auch ab Rdn 168 f. in diesem Kapitel.
Rz. 57
Die Auffassung von Winkler/Teubel, dass in diesem Fall die gesetzliche Vergütung keiner Abrechnung gem. § 10 RVG mehr bedarf, ist jedoch nicht zu teilen. Denn § 10 RVG gilt auch für eine vereinbarte Vergütung; warum sollte daher etwas anderes gelten, wenn anstelle der vereinbarten Vergütung nun die gesetzliche zum Tragen kommt.
Rz. 58
Ein Schreiben per eMail erfüllt grundsätzlich die Anforderungen an die Textform. Teilweise wird nicht einmal eine Unterschrift des Anwalts gefordert:
Zitat
"Durch eine dem Mandanten ohne Unterschrift des Rechtsanwalts übermittelte Vergütungsvereinbarung, die der Mandant mit einer E-Mail annimmt, kommt eine Vergütungsvereinbarung gem. § 3a RVG wirksam zu Stande, weil nach dieser Vorschrift die Textform ausreicht."
Eine solche – recht anwaltsfreundliche Entscheidung – ist grundsätzlich zu begrüßen. Verlassen würde ich mich jedoch nicht darauf, dass dies auch andere Gerichte so sehen. Zu beachten ist zudem, dass die Einhaltung der Textform nicht alleinige Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Selbst bei einem gut formulierten eMail-Schreiben kann sich die Unwirksamkeit der Vereinbarung ergeben.
Rz. 59
Beispiel – mit Vorsicht zu genießen:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Müller,"
in der Angelegenheit Huber ./. Huber wegen außergerichtlicher Vertretung (Unterhalt) teile ich Ihnen wunschgemäß mit, dass ich mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Honorar wie folgt einverstanden bin:
Wir haben einen Stundensatz in Höhe von 350,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer sowie der weiteren Auslagen nach Teil 7 VV RVG vereinbart (Reisekosten, Kopiekosten, Auslagenpauschale, etc.).
Sie hatten mir mitgeteilt, dass Sie mir einmal monatlich Ihre Abrechnung zukommen lassen, der ich dann Ihre entsprechenden Tätigkeiten mittels so genannter Timesheets entnehmen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Otto Huber, Adresse“
Rz. 60