Rz. 116

Fraglich war, ob die Form- und Inhaltsvorschriften des § 3a RVG auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein Dritter sich verpflichtet, das zwischen dem Auftraggeber und Anwalt vereinbarte Honorar mit zu übernehmen (= Schuldbeitritt). Diese Frage hat der BGH zwischen entschieden. Vom Schuldbeitritt ist die Schuldübernahme zu unterscheiden (bei letzterer wird der bisherige Schuldner von der Schuld befreit); hier gilt schon von Gesetzes wegen, dass dieses Rechtsgeschäft den Formvorschriften des Hauptgeschäfts folgt.

 

Rz. 117

Im nachstehenden Fall eines Schuldbeitritts hatte ein Anwalt einen georgischen Staatsangehörigen in einem Asylfolgeverfahren vertreten und mit ihm am 30.4.2013 eine Vergütungsvereinbarung über ein Pauschalhonorar in Höhe von 800,00 EUR einschließlich Umsatzsteuer getroffen. Neben der Vereinbarung des Honorars wurden weitere Einzelheiten der Vergütungspflicht geregelt. In Nr. 10 der Vereinbarung folgte dann der Text: "Die Unterzeichner haften gesamtschuldnerisch." Unterschrieben hatte die Vergütungsvereinbarung nicht nur der Mandant, sondern die auch für den Mandanten als Dolmetscherin tätige Person. Nachdem eine Zahlung des Honorars nicht erfolgt war, hatte der Anwalt die Dolmetscherin verklagt, das vereinbarte Honorar zu zahlen. Nachdem zunächst das Amtsgericht der Klage stattgab, das Berufungsgericht sie jedoch wieder abwies, hatte die Revision des Klägers vor dem BGH Erfolg.

Zitat

"Erklärt der Schuldner seinem Gläubiger, eine fällige Zahlung nicht in einem Zug erbringen und nur Ratenzahlungen leisten zu können, muss dieser allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat."

Die Formerfordernisse des § 3a Abs. 1 RVG gelten grundsätzlich auch für einen Schuldbeitritt zu einer Vergütungsvereinbarung. Ihre Reichweite wird bestimmt durch den Zweck, dem Beitretenden deutlich zu machen, dass er nicht nur der gesetzlichen Vergütungsschuld des Mandanten beitritt, sondern der davon abweichenden, vertraglich vereinbarten Vergütung.“[83]

 

Rz. 118

Der BGH hielt in seiner Entscheidung fest, dass der Schuldbeitritt grundsätzlich keiner besonderen Form bedürfe, er aber als Verpflichtungsgeschäft den Formerfordernissen unterliege, die für den Hauptvertrag gelten. Damit seien auch die Vorschriften des § 3a Abs. 1 RVG (hier z.B. die Einhaltung der Textform) auch gegenüber dem Schuldbeitretenden einzuhalten. Vorteilhaft für den Anwalt war vorliegend auch, dass seine Vereinbarung als Vergütungsvereinbarung bezeichnet war und ausschließlich die Vergütung betreffende Regelungen enthielt. Darüber hinaus war hier enthalten, dass die vereinbarte Vergütung von der gesetzlichen Regelung abweiche. Durch die Formulierung in Nummer 10 hätte der Dolmetscherin unmissverständlich klar sein müssen, dass sie mit ihrer Unterschrift die Mithaftung für die vereinbarte Vergütungsschuld übernommen hatte.

 

Rz. 119

Interessant war in diesem Zusammenhang, dass der BGH der Auffassung des Berufungsgerichts ausdrücklich widersprach, dass der Schuldbeitritt der Beklagten deutlich als sogenannte "andere Vereinbarung" im Sinne des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG von der Vergütungsvereinbarung des Mandanten hätte abgesetzt werden müssen.

 

Rz. 120

Zwar hatte die hier gegenständliche Vergütungsvereinbarung den Hinweis gem. § 3a Abs. 1 S. 3 RVG nicht enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten müsste, dies sei jedoch vorliegend unschädlich, da dieser Formmangel den Anspruch des Anwalts auf die vereinbarte Vergütung – anders als eine Verletzung der Formvorschrift nach § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG – unberührt lasse.

 

Rz. 121

Der BGH untersuchte die hier gegenständliche Vergütungsvereinbarung auch im Hinblick auf das AGB-Recht und hielt die Klausel in Nummer 10 der Vergütungsvereinbarung bezogen auf den Schuldbeitritt als nicht überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB für wirksam. Zu Recht nahm der BGH an, dass es keinen anderen Grund geben konnte für die Unterschrift der Dolmetscherin, als eben gerade diesen, der entsprechenden Zahlungsverpflichtung beizutreten. Ein Überraschungsmoment wurde hier nicht gesehen.

 

Rz. 122

Die kurze und prägnante Formulierung, wie hier, unmittelbar vor dem Unterschriftenfeld, spricht nach Ansicht des BGH auch gegen einen "Überrumpelungseffekt".

Im vorliegenden Fall hat der BGH mit der obigen Entscheidung somit gleiche mehrere bis dahin fragliche Punkte geklärt:

1. Der Schuldbeitritt zu einer Vergütungsvereinbarung gehört nicht zu den "anderen Vereinbarungen", die von der Vergütungsvereinbarung deutlich abgesetzt sein müssen.
2. Die Formvorschriften zur Vergütungsvereinbarungen sind auch gegenüber einem der Schuld Beitretenden einzuhalten.
3. Der fehlende Hinweis auf die begrenzte Kostenerstattungspflicht gemäß § 3a Abs. 1 S. 3 RVG lässt den Vergütungsanspruch unberührt.
 

Rz. 123

Der fehlende Hinweis auf die eingeschränkte Kostenerstattung...

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