Rz. 155
Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG kann in den familienrechtlichen Fällen, in denen der Antragsteller nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, selbst für die Kosten eines Rechtsstreits aufzukommen, die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe beantragt werden. Es wird bis auf §§ 77 und 78 FamFG umfänglich auf die Vorschriften der ZPO über Gewährung von Prozesskostenhilfe verwiesen, die in Familienstreitsachen unmittelbar Anwendung finden. Für zivilrechtliche Gerichtsverfahren, die nicht vor dem Familiengericht rechtshängig sind, wird unter den Voraussetzungen der §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gewährt.
Rz. 156
Während minderjährige Kinder Verfahrenskostenhilfe ohne Beifügung eines entsprechendes Formulars beantragen können (§ 2 Abs. 1 PKHVV), müssen alle anderen Antragsteller Formulare zur Angabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausfüllen und bei Gericht einreichen (§ 117 Abs. 2 ZPO).
Rz. 157
Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt werden, wenn absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit falsche Angaben über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse gemacht wurden. Es besteht sogar die Gefahr, dass eine einmal erfolgte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nachträglich aufgehoben wird, wenn sich im Nachhinein feststellt, dass entsprechende Angaben falsch sind. Faktisch bedeutet das, dass es für die Versagung oder Aufhebung der Verfahrenskostenhilfebewilligung genügt, wenn ein Kreuzchen auf dem Formular zur Angabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse falsch ist. Auf Verlangen des Gerichts müssen die entsprechenden Angaben glaubhaft gemacht, also gegebenenfalls eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben werden.
Rz. 158
Voraussetzung für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist neben der Bedürftigkeit die Erfolgsaussicht des Antrags. Der von dem Antragsteller zu stellende Hauptantrag darf unter Zugrundelegung seines Vorbringens nicht gänzlich unwahrscheinlich sein. Im umgekehrten Fall darf die Rechtsbeeinträchtigung des Antragsgegners nicht gänzlich unwahrscheinlich und die jeweilige Verteidigung gegen das Begehr des Antragstellers nicht ohne Aussicht von Erfolg sein.
Rz. 159
Gegen einen das Verfahrenskostenhilfegesuch zurückweisenden Beschluss des Gerichts kann sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung der § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 bis 572 und 127 Abs. 2 bis 4 ZPO erhoben werden. Die Notfrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Beschlusses.
Rz. 160
Hinweisen sollte man den Antragsteller stets darauf, dass Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe unter Umständen nur gegen Ratenzahlung bewilligt wird. Das bedeutet, dass dem Berechtigten ein Darlehen vom Staat auf die anfallenden Kosten gewährt wird, das er dann vollständig in maximal acht Raten an den Staat zurückzahlen muss.
Rz. 161
Der Antragsteller ist außerdem darauf hinzuweisen, dass er im Falle des Unterliegens gemäß § 123 ZPO die der Gegenseite entstandenen Kosten zu erstatten hat, was auch dann gilt, wenn er seine eigenen Kosten aufgrund der bereits gewährten Verfahrenskostenhilfe nicht selbst zu tragen braucht.
Rz. 162
Hinweis
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Eine falsche Angabe über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sei es aus Vorsatz oder aus reiner Fahrlässigkeit, kann die Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bzw. die Aufhebung der Bewilligung bewirken. Eine falsche Angabe liegt auch dann vor, wenn Angaben in dem entsprechenden Formular nicht oder unrichtig angekreuzt wurden. |
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Gegen den die Verfahrenskostenhilfe zurückweisenden Beschluss ist sofortige Beschwerde binnen einen Monats ab Zustellung des Beschlusses möglich. |
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Der Mandant ist darauf hinzuweisen, dass die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht zwangsläufig eine völlige Befreiung von den Verfahrenskosten bedeutet, sondern dass es auch möglich ist, dass Verfahrenskostenhilfe nur gegen Ratenzahlung bewilligt wird. |
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Der Mandant ist darauf hinzuweisen, dass er im Falle des Unterliegens die der Gegenseite entstandenen Verfahrenskosten zu tragen hat, selbst wenn er seine eigenen Verfahrenskosten wegen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht zahlen muss. |